März 2021
Gut vorbereitet für den Notfall
Rechtzeitig festlegen, wer was regeln soll
Jetzt schon an Morgen denken
Für viele Menschen ist es leider nicht selbstverständlich, die eigenen Angelegenheiten selbst regeln zu können. Die Corona-Pandemie führt es uns noch einmal drastisch vor Augen: Jeder kann in Situationen geraten, in denen eigenverantwortliches Handeln nur schwer oder nicht mehr möglich ist. Viele betrifft das zum Glück erst ab einem gewissen Alter. Durch Krankheiten oder Unfälle können sich aber auch jüngere Menschen in einer solchen Lage wiederfinden. Wer soll sich dann um Vermögensangelegenheiten kümmern? Wer tritt gegenüber Banken, Versicherungen und Behörden auf? Wer soll bestimmen, wie die ärztliche Behandlung verlaufen soll, wenn Sie handlungsunfähig im Krankenhaus liegen?
Vorsorge ist wichtig
Hat man keine Vorsorge für solche Situationen getroffen, bleibt Vieles unklar. Selbst Ehepartner, Eltern oder Kinder können dann nicht rechtlich handeln und entscheiden. Der Staat bestellt eine Betreuungsperson, die als Ihr gesetzlicher Vertreter laufend durch das Betreuungsgericht kontrolliert wird. Vielleicht gefällt Ihnen die Vorstellung nicht, dass ein Fremder Ihre Angelegenheiten regelt. Auch möchten Sie eventuell nicht, dass Ihr Ehepartner oder Ihre Verwandten jede noch so geringfügige Betreuungsmaßnahme vor dem Gericht rechtfertigen müssen. Dann sollten Sie das rechtzeitig durch gezielte Vorsorge vermeiden. Das Gesetz hält hierzu mehrere Möglichkeiten bereit.

Rechtzeitiges Handeln ist ratsam
Wird eine Vollmacht erteilt, um eine altersbedingte, aber auch altersunabhängige Betreuung zu vermeiden, spricht man von einer Vorsorgevollmacht. Die Erteilung setzt voraus, dass der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist. Personen, die ihre Geschäftsfähigkeit – etwa durch Demenz – bereits verloren haben, können sie nicht mehr erteilen. Man sollte sich also besser frühzeitig um die eigene Vorsorge kümmern. Verliert man die Geschäftsfähigkeit nach Erteilung einer Vorsorgevollmacht, bleibt diese allerdings wirksam.
Oft liegt es nahe, dem Ehepartner oder den eigenen Kindern eine Vorsorgevollmacht zu erteilen. Ebenso ist es möglich, einen engen Vertrauten zu bevollmächtigen. Man kann es sich übrigens immer noch einmal anders überlegen. Eine Vorsorgevollmacht kann jederzeit formlos widerrufen werden.
In der Vollmacht kann frei bestimmt werden, was die oder der Bevollmächtigte regeln können soll. Dies können Gesundheitsfürsorge, Vermögensverwaltung, Regelungen zum Aufenthaltsort oder die Übertragung der Entscheidung zu möglichen Operationen und Transplantationen sein. Damit die Stellvertretung erst dann erfolgt, wenn sie auch benötigt wird, regeln viele Vorsorgevollmachten, dass der Bevollmächtigte von ihr erst dann Gebrauch machen soll, wenn der Vorsorgefall eingetreten ist. Neben der Möglichkeit, den eigenen Stellvertreter selbst auszuwählen, bietet eine Vorsorgevollmacht weitere Vorteile. Ein gesetzlicher Betreuer muss zunächst gerichtlich bestellt werden und ist bei vielen Tätigkeiten auf die Mitwirkung des Gerichts angewiesen. Ein Vorsorgebevollmächtigter ist dagegen sofort handlungsfähig. Dies ist insbesondere im Notfall sehr wichtig. Zudem muss er nicht laufend Rechenschaft über seine Handlungen ablegen.
Vollmachten sind Vertrauenssache
Anders als ein Betreuer unterliegt ein Vorsorgebevollmächtigter keiner Aufsicht durch das Betreuungsgericht. Darum sollte eine solche Vollmacht nur an absolut vertrauenswürdige Personen erteilt werden. Zuvor sollte ein intensives Gespräch mit der vertrauten Person geführt werden. Dabei gilt es zu klären, ob sie diese Aufgabe übernehmen kann und will. Wer nicht einer Person allein so viel anvertrauen will, kann auch eine Vorsorgevollmacht zugunsten mehrerer Personen erteilen, die stets gemeinsam handeln müssen. Allerdings erweisen sich derartige Vollmachten oft als sehr unpraktikabel. Am besten ist es, jeden Bevollmächtigten mit der Befugnis auszustatten, für den Vollmachtgeber allein zu handeln.
Vorsorgevollmacht als Generalvollmacht
Weil das Leben nicht vorhersehbar ist und bei der Aufzählung einzelner Bereiche leicht etwas vergessen werden kann, empfiehlt es sich, die Vorsorgevollmacht als eine sogenannte Generalvollmacht zu erteilen. Diese berechtigt den Bevollmächtigten dazu, alle vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu regeln. Hierzu zählen etwa der Geschäftsverkehr mit Banken, Versicherungen, Behörden und den Trägern der gesetzlichen Rente sowie der Abschluss oder die Kündigung von Mietverträgen. Auch die Veräußerung und Belastung von Immobilien gehören mit dazu. Überdies kann sich der Generalbevollmächtigte auch um sämtliche persönliche Angelegenheiten kümmern. Dazu gehören etwa Fragen der ärztlichen Behandlung oder Regelungen über den Aufenthalt, etwa in einem Krankenhaus oder Pflegeheim.
Gut zu wissen
Selbstbestimmung hat Vorrang
Das Betreuungsgericht bestellt keinen Betreuer, wenn die Angelegenheiten des Betroffenen genauso gut durch einen Bevollmächtigten erledigt werden können. Das Gesetz erkennt die Vollmacht als selbst gewählte Zukunftsgestaltung ausdrücklich an. Die Vertretung durch einen Bevollmächtigten hat gegenüber der ansonsten notwendigen Vertretung durch einen Betreuer ganz klar Vorrang.
Die Betreuungsverfügung – Vorgaben für das Betreuungsgericht
Eine Betreuungsverfügung soll – anders als eine Vorsorgevollmacht – ein gerichtliches Betreuungsverfahren nicht verhindern, sondern Einfluss darauf nehmen. Das kann aus verschiedenen Gründen gewünscht sein. Wem die Erteilung einer Vorsorgevollmacht zu weit geht oder wer eine gerichtliche Kontrolle bei der Regelung der eigenen Angelegenheiten bevorzugt, sollte erwägen, wenigstens eine Betreuungsverfügung zu treffen. Diese ist aber nicht nur anstelle, sondern auch zusätzlich zu einer Vorsorgevollmacht zweckmäßig. Denn: Endet eine eigentlich gewünschte Vertretung durch einen Vorsorgebevollmächtigten oder scheitert diese, käme zumindest die Betreuungsverfügung zum Tragen.
Dort kann etwa bestimmt werden, wer zum Betreuer bestellt werden soll. An diese Vorgabe ist das Gericht dann grundsätzlich gebunden. Zudem kann dem Betreuer vorgegeben werden, wie man betreut werden will. Es kann festgelegt werden, wie das eigene Vermögen verwaltet werden soll oder welche Form der Unterbringung man für sich wünscht.
Die Patientenverfügung – Wie will ich medizinisch behandelt werden?
Viele Menschen haben eine Vorstellung davon, wie sie im Ernstfall ärztlich oder pflegerisch behandelt werden möchten. Tritt dieser Fall tatsächlich ein, ist es ihnen oft nicht mehr möglich, ihren Willen zur Geltung zu bringen. Dafür vorsorgen kann man mit einer Patientenverfügung. Hier kann die Art und Weise der eigenen ärztlichen Behandlung in bestimmten Situationen geregelt werden.
Eine Patientenverfügung greift nur, wenn ein Zustand der Entscheidungsunfähigkeit vorliegt – etwa aufgrund von Bewusstlosigkeit. Das muss nicht unbedingt eine lebensbedrohliche Situation sein. Man kann dort genau festlegen, welche medizinische Versorgung für welche Fälle gewünscht wird, seine Einwilligung in bestimmte Maßnahmen erteilen oder manche von
vornherein ablehnen. In einer Patientenverfügung kann auch die Art und Weise einer pflegerischen Begleitung bestimmt werden. Möglich und auch sinnvoll ist es ebenfalls, Richtlinien vorzugeben oder persönliche Einstellungen zum eigenen Leben und Sterben zu äußern. Vielfach wird in einer Patientenverfügung etwa auch erklärt, dass man einen menschenwürdigen Tod wünscht und ärztliche Maßnahmen ablehnt, die das eigene Leiden bloß verlängernwürden. Ein solcher Wunsch gestattet es den behandelnden Ärzten, die grundsätzlich alle vertretbaren lebensverlängernden Maßnahmen durchführen müssen, die Schmerz- und Beschwerdelinderung in den Vordergrund zu stellen. Auch andere Wertvorstellungen oder Anschauungen können den Ärzten später wichtige Anhaltspunkte für die gewünschte Behandlung liefern.
Gut zu wissen
Eine Patientenverfügung sollte immer durch eine Vorsorgevollmacht ergänzt werden. So ist der Bevollmächtigte in der Lage, den in der Patientenverfügung niedergelegten Willen gegenüber den Ärzten durchzusetzen. Andernfalls muss ein gerichtlich bestellter Betreuer entscheiden. Um sicherzustellen, dass die Patientenverfügung zur aktuellen Lebens- und Behandlungssituation passt, sollte sie in regelmäßigen Abständen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Patientenverfügungen müssen stets schriftlich errichtet werden. Sie können aber jederzeit formlos widerrufen werden.

Wer sichergehen will, sollte sich beraten lassen
Die Erteilung einer Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung oder Patientenverfügung kann weitreichende Folgen haben. Denn diese Vereinbarungen regeln sensible und sehr persönliche Bereiche. Ohne Vorkenntnisse ist die Abfassung einer wirksamen Patientenverfügung schwierig. Besser sollte man sich dazu zunächst von einem Rechtsanwalt oder Notar beraten lassen. So kann eine auf die persönliche Situation und die eigenen Wünsche zugeschnittene Vorsorgegestaltung gefunden werden, die juristisch geprüft ist und im entscheidenden Moment auch greift.
Notarielle Vorsorgevollmachten, Betreuungs- und Patientenverfügungen genießen im Rechtsverkehr die höchste Anerkennung. Sie sind rechtlich geprüft und längst nicht so teuer, wie manche denken. Gehört Grundbesitz zum Vermögen, muss die Vollmacht ohnehin beglaubigt oder vom Notar beurkundet werden. Notarielle Vollmachten und Patientenverfügungen sind zur persönlichen Vorsorge daher besonders zu empfehlen.
Auch sorgt der Notar dafür, dass die Vorsorgevollmacht oder Verfügung im Ernstfall berücksichtigt sowie im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (www.vorsorgeregister.de) verzeichnet wird. So erfährt das Betreuungsgericht Ihre Wünsche und Vorstellungen, noch bevor ein Betreuer bestellt wird. Denn: Was nützt die beste Vollmacht, wenn sie nicht gefunden wird?
Volksbanken und Raiffeisenbanken:
Vorsorgevollmacht für Konten und Depots
Auch die Volksbanken und Raiffeisenbanken helfen bei der Vorsorge. Sie halten dazu die „Konto-/Depotvollmacht – Vorsorgevollmacht“ bereit. Dies ist keine Generalvollmacht, sondern eine Vorsorgevollmacht speziell für Bankgeschäfte. Sie empfiehlt sich, wenn Sie zwar vorsorgen wollen, nicht aber eine Generalvollmacht abgeben möchten. Sie können so gewährleisten, dass ein Vertrauter Ihrer Wahl im Notfall Verfügungen über Konten und Depots bei Ihrer Volksbank oder Raiffeisenbank vornehmen sowie wichtige Zahlungen veranlassen kann. Dieser kann auch von der Bank Auskünfte über Ihre Konten und Depots verlangen und so etwa einund ausgehende Zahlungen überwachen. Auch diese Vollmacht kann jederzeit von Ihnen widerrufen werden. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beraten Sie hierzu gern.
Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt:
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Autor: Arndt Kalkbrenner (RA) Co-Autor: Tim Zuchiatti, BVR
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Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers. Das Manuskript für diese Ausgabe wurde Mitte Februar 2021 abgeschlossen.
Für die Richtigkeit und Vollständigkeit keine Gewähr.