April 2022
"Der beste Zeitpunkt, um seine Idee umzusetzen, war gestern. Der Zweitbeste ist heute.”
April 2022
"Der beste Zeitpunkt, um seine Idee umzusetzen, war gestern. Der Zweitbeste ist heute.”
Andreas Lieb berät aus Leidenschaft und Überzeugung Startups. Er ist so von ihnen fasziniert, dass er ihnen zuliebe kein eigenes Startup gründet – denn wer würde diese sonst beraten?
Seit 2020 ist Andreas Lieb für die Kanzlei SNP Schlawien im Freiburger Büro tätig. Dort sitzt er genau in der neuen Hauptstelle der Volksbank Freiburg.
Herr Lieb, Sie beraten viele Startups. Wie lange machen Sie das schon und warum gerade Startups?
Ich hatte bereits vor meiner aktuellen Tätigkeit Berührungspunkte mit Startups, z.B. als Mitglied des Foundersclub Freiburg, einer studentischen Initiative, die sich mit dem Thema Entrepreneurship befasst. Bei SNP Schlawien bin ich 2020 mit dem Ziel eingestiegen, die Startup-Beratung in der Kanzlei auszubauen und habe von meinen Kolleginnen und Kollegen von Anfang an enorm viel Unterstützung bekommen.
Ich arbeite so gerne mit jungen Unternehmen, da man mit spannenden und innovativen Themen konfrontiert wird, ich den Start-ups wirklich viel helfen kann und diese auch dankbar für die Hilfe sind. Für eine etablierte Geschäftsführerin oder Geschäftsführer ist die Gründung einer GmbH „business as usual“, für meine Startups ist das der erste große Schritt in die Selbstständigkeit und sie sind oft noch überfordert mit den vielen Formalien, die mit einer Gründung einhergehen. Für mich ist es auch eine Chance, zusammen mit den Start-ups zu wachsen.
In welchen Bereichen sind die Start-ups tätig, die Sie beraten?
Hier gibt es keine Grenzen. Das reicht von Technologie über Nachhaltigkeit bis hin zum Einzelhandel oder soziale Zwecke.
Warum macht es Sinn, sich vor der Gründung eines Unternehmens beraten zu lassen?
Beratung kostet Geld, welches junge Unternehmen oft nicht haben. Sie versuchen daher extrem viel selbst zu machen. Das kostet Zeit und lenkt den Fokus weg von den eigentlichen Kernthemen. Wir verfolgen ein Rundum-sorglos-Konzept, welches nicht nur rechtliche Themen abdeckt, sondern auch wertvolle Kontakte vermittelt. Es macht vor allem Sinn, um teure Fehler zu vermeiden und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Wir haben die Finanzen der Start-ups im Blick und bieten für sie reduzierte und transparente Pauschalen an. Diese Kosten hat man durch die Zeitersparnis und rechtliche Sicherheit schnell wieder drin.
Können Sie uns sagen, was man bei der Gründung alles falsch machen kann?
Viele legen einfach los und denken am Anfang gar nicht über Dinge wie Rechtsform oder Haftungsbeschränkung nach. Das kann steuerliche und rechtliche Konsequenzen haben. Ein häufiger Fehler ist, dass man Gesellschaftsverträge aus dem Internet oder von Bekannten nutzt, ohne zu verstehen was da geregelt ist und was fehlt. Der Gesellschaftsvertrag ist eine individuelle Regelung, die zu der Struktur und den Zielen des Unternehmens passen sollte.
Gründende denken immer, dass alles so bleibt wie es ist und berücksichtigen interne und externe Faktoren nicht vollumfänglich: Investorinnen und Investoren, Streit unter den Gesellschafterinnen oder Gesellschaftern, Scheidung oder Tod von Unternehmensbeteiligten. Fehler werden häufig erst evident, wenn es zu spät ist und kosten dann viel Geld oder gefährden sogar den Bestand des Unternehmens.
Angenommen ich möchte mein eigenes Unternehmen gründen. Mehr als die Idee habe ich aber bisher noch nicht. Bin ich in diesem Stadium des Prozesses bei Ihnen richtig bzw. ab wann macht es Sinn, sich von Ihnen beraten zu lassen?
Jede oder jeder, der oder die überlegt irgendwann ein Unternehmen zu gründen, darf mich kontaktieren. Ich bin gerne der erste Ansprechpartner und lenke dann in die richtige Richtung oder vermittle Kontakte. Das resultiert nicht immer direkt in einer Mandatierung. Häufig vermittle ich erstmal weiter und die Start-ups melden sich nach Monaten wieder bei mir.
Im Regelfall besteht eine gewisse Zurückhaltung, einen förmlichen Termin zu vereinbaren und Angst, dass ab der ersten Minute abgerechnet wird. Ich versuche Barrieren abzubauen, indem man mich über Instagram oder LinkedIn unkompliziert anschreiben kann. Auch besuche ich Start-up-Veranstaltungen oder halte Vorträge und stehe dabei immer für Fragen zur Verfügung. Komplett ohne versteckte Kosten.
Mit was für Anliegen kommen Ihre Kundinnen oder Kunden zu Ihnen?
Für die Start-ups bin ich Ansprechpartner für alle rechtlichen Themen. Es ist nicht immer die Gründung einer GmbH oder Unternehmensgesellschaft. Häufig geht es um die Anmeldung einer Marke, erste Verträge oder AGB. Wenn ich etwas nicht beantworten kann, dann vermittle ich gerne die richtigen Kontakte, egal ob innerhalb der Kanzlei oder außerhalb.
Wenn ich an ein Start-up denke, dann habe ich ein Bild von jungen, kreativen Menschen vor Augen, die etwas mit Digitalisierung machen. Wie sieht die Realität tatsächlich aus?
In der Realität ist von Schülerinnen oder Schülerm bis zu Menschen im Rentenalter alles vertreten. Teilweise haben wir auch Ausgründungen aus dem universitären Umfeld oder aus dem etablierten Mittelstand. Diese Diversität ist wichtig, denn Gründen sollte nicht einer bestimmten Zielgruppe vorbehalten bleiben.
Digitalisierung ist sicherlich ein Zukunftsthema, aber nicht immer der Heilige Gral. Gerade auch das klassische Handwerk ist wichtig und ich freue mich immer, wenn auch Leute zu mir kommen, die nicht in das typische Start-up-Rollenbild passen.
Was würden Sie sagen: ist die Lage aktuell gut, um sein eigenes Unternehmen zu gründen? Oder gibt es überhaupt den perfekten Zeitpunkt, um zu gründen?
Laut Start-up Monitor 2021 lag die Zahl der Neugründung im Südwesten über den Zahlen der Vorjahre. Auch im bundesweiten Schnitt konnten wir einen deutlichen Anstieg verzeichnen. Wir haben so viele Förderprogramme und Start-up-Ökosysteme wie noch nie. Ich glaube die Lage könnte nicht besser sein.
Für Gründende wird es nie den perfekten Zeitpunkt geben. Manchmal muss man einfach ins kalte Wasser springen. Der beste Zeitpunkt, um seine Idee umzusetzen, war gestern. Der Zweitbeste ist heute.
Wie ist die Startup-Szene in Freiburg aufgestellt?
Wir haben im Südwesten von der Ortenau bis Lörrach und vom Elsass bis in den Schwarzwald eine wunderbare Start-up-Szene. Es existieren Organisationen und Acceleratoren, welche unterschiedliche Schwerpunkte abdecken. Freiburg ist da mittendrin. Der Schwerpunkt liegt mit dem Grünhof und dem Smart Green Accelerator natürlich deutlich auf dem Thema Nachhaltigkeit. Der Baden Campus in Breisach ist dagegen etwas Tech-fokussierter. Auch die Stadt Freiburg („startinsland“) und die IHK Südlicher Oberrhein unterstützen Gründende. An Möglichkeiten mangelt es definitiv nicht.
Haben Sie schon mal mit dem Gedanken gespielt selbst ein Unternehmen zu gründen? Und um was für ein Unternehmen würde es sich handeln?
Wenn man sich beruflich so viel damit beschäftigt, spielt man öfter mit dem Gedanken. Ich selbst habe eine Affinität zu Technologie, so dass der Bereich „Legal Tech“ immer besonders spannend ist. Wenn ich aber nun mein eigenes Legal-Tech-Unternehmen gründe, wer berät dann meine Start-ups?
Es gibt zwar viele Kanzleien, aber nicht ganz so viele, die sich auch mit den sehr kleinen Start-ups beschäftigen. Jedenfalls treffe ich diese bei Start-up-Veranstaltungen eher selten. Mit einer Gründung verdient man verhältnismäßig wenig Geld. Meistens werden junge Unternehmen für Kanzleien erst interessant, wenn sie wachsen und Umsätze generieren. Ich denke daher, dass ich vorerst lieber bei der Beratung bleibe und auch die ganz Kleinen unterstütze.
Vielen Dank für das Gespräch!
Bildnachweis: Andreas Lieb