September 2023
Mompreneurs und Fempreneurs
Selbstständig, erfolgreich, weiblich
Mutter, Frau, Unternehmerin – das steckt hinter den Begriffen Mom- und Fempreneurs. Wir schauen uns an, was genau sich dahinter verbirgt, welche Chancen und Herausforderungen die Ansätze mit sich bringen. Außerdem stellen wir Ihnen eine erfolgreiche Gründerin aus Freiburg genauer vor.
Gründerinnen in der Startup-Szene eher Mangelware
Im Jahr 2022 wurden in Deutschland insgesamt 550.000 Existenzgründungen verzeichnet. Das ist ein Minus von 9 Prozent verglichen zum Jahr 2021. Damit einher geht auch ein Rückgang von Frauen, die die Selbstständigkeit suchen: 37 Prozent aller Neugründungen gehen auf Frauen zurück – ein Minus von einem Prozent verglichen mit 2021. In Baden-Württemberg wiederum ist die Situation noch dramatischer: 2021 wurden gerade einmal 118 von 1.242 Startup-Gründungen von Frauen vollzogen. Das entspricht nicht einmal 10 Prozent. Dies verdeutlicht, dass ein großes Potenzial, insbesondere Innovations-, Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte, auf der Strecke bleibt. Eine Stärkung des Gründungsumfelds für Frauen könnte deshalb eine positive Wirkung haben.
Und genau das wollen die Konzepte hinter Mompreneurs und Fempreneurs erreichen. Von Mompreneurs ist die Rede, wenn Mütter ein Unternehmen gründen. Ziel ist es, Familie (sprich Kind und Haushalt) und Karriere unter einen Hut zu bringen. Die Idee bzw. das Versprechen dahinter: keiner der Bereiche kommt zu kurz, da jede sich die Zeit frei einteilen kann. Und das ist auch der Vorteil gegenüber einem klassischen Angestelltenverhältnis, wo in der Regel ein Bereich meist zu kurz kommt.
Mompreneurship führt auch zu mehr Gleichberechtigung in der Beziehung. Zwar können auch alleinerziehende Mütter erfolgreiche Unternehmerinnen werden, aber wenn es da noch eine Partnerin oder einen Partner gibt, mit der oder dem man die Zeit einplanen kann, sodass beide ihre Karriere voranbringen können, ist alles deutlich einfacher.
Beim Begriff Fempreneur geht es um Unternehmerinnen, die ein innovatives Unternehmen gegründet haben oder gründen. Diese Frauen sind Startup-Inhaberinnen in Bereichen wie E-Commerce oder Umwelt, die Innovationen auf den Markt bringen und neue Ideen und Konzepte entwickeln. Im Unterschied zu männlichen Gründern setzen Frauen tendenziell häufig andere kommunikative, zwischenmenschliche und gesellschaftliche Schwerpunkte und haben zudem oft andere unternehmerische Schwerpunkte. Das reine Geld verdienen ist zwar wichtig, aber soziale oder Umweltaspekte sind mindestes gleichwichtig, wenn nicht sogar wichtiger.
Chancen und Herausforderungen für Gründerinnen
Die große Chance für Gründerinnen liegt darin den eigenen Arbeitsalltag so zu gestalten, wie man ihn selbst haben möchte. Gerade wer im digitalen Bereich gründet, ist häufig örtlich und zeitlich unabhängig und kann somit Familie, Freizeit und Arbeit gut in Einklang bringen. Auch ist man selbst Chefin und spielt nach den eigenen Regeln. Darüber hinaus kann man selbst zum Vorbild für andere Frauen werden, die einen ähnlichen Weg einschlagen möchten.
Gleichzeitig sind diese Chancen auch Herausforderung zugleich. Wer noch keinen Nachwuchs hat, aber gerne eine eigene Familie haben möchte, muss sich darüber im Klaren werden, wie man mit Partnerin oder Partner Familie und Selbstständigkeit vereinbaren kann. Ist man als Unternehmerin auch Mutter, fällt man in der Regel auch für eine gewisse Zeit aus. Wie will man damit umgehen, wenn das eigene Unternehmen für einige Monate nicht weitergeführt werden kann? Für Mütter kommt es nicht selten auch zu einer Doppelbelastung durch Familie und die eigene Selbstständigkeit. Denn nach wie vor ist es leider immer noch so, dass die sogenannte Care-Arbeit bei den Frauen hängen bleibt. Außerdem hat man im Falle einer Krankheit (entweder selber oder auch wenn das Kind krank ist) Verdienstausfall, da es keine Arbeitgeberin oder Arbeitgeber gibt, der den Lohn weiterzahlt. Es gibt also so oder so eine gewisse finanzielle Unsicherheit, mit der man lernen muss umzugehen.

Marketing Beratung für Unternehmen
Gründerin Anna Tumminaro: „Unternehmensgründung als Pflichtfach in Schulen“
Doch es gibt viele erfolgreiche Beispiele, die zeigen, dass sich Frauen erfolgreich selbstständig machen können. So wie Anna Tumminaro, die mit Unterstützung der Volksbank Freiburg erfolgreich ihr Online-Marketing-Startup gegründet hat:
Frau Tumminaro, wie kam es, dass Sie sich im Bereich Online-Marketing selbstständig machen wollten?
Anna Tumminaro: Ich habe mich in den letzten Jahren aus privatem Interesse im Studium sowie in meinem Job immer mehr mit Online-Marketing und aktuellen Markttrends beschäftigt und entwickelte mich zu einer Expertin. Freunde und Bekannte haben mich ebenfalls immer öfter nach meiner Meinung gefragt. Aufgrund des derzeitigen Fachkräftemangel entschied ich mich dann dazu diesen Schritt zu wagen und meine Expertise als Dienstleistung anzubieten.
Welche Herausforderungen gab es bei der Gründung Ihres Unternehmens?
Anna Tumminaro: Die größte Herausforderung für mich waren tatsächlich die bürokratischen Schritte, beispielsweise welche Rechtsform die geeignetste ist oder der Prozess zur Anmeldung einer Steuernummer.
In Baden-Württemberg werden nur etwa 10% der Start-Up Gründungen von Frauen vollzogen. Haben Sie hierfür eine Erklärung?
Anna Tumminaro: Ein Start-Up zu gründen, bringt immer gewisse Risiken mit sich und es ist ebenfalls bewiesen, dass Männer tendenziell risikofreudiger sind. Ich vermute, dass dies ein entscheidender Punkt ist, warum der Frauenanteil so gering ist.
Was müsste Ihrer Meinung nach geändert werden, dass mehr Frauen den Weg in die Selbstständigkeit gehen?
Anna Tumminaro: Ich selbst hatte Wahlkurse in der Schule und Hochschule, die viel mit Unternehmensgründung zu tun hatten. Hier mussten wir ein richtiges Produkt bzw. Konzept entwickeln und vermarkten. Würden das mehrere Schulen anbieten und im besten Fall als Pflichtfach, würden auch mehr Frauen früh damit in Verbindung kommen und gegebenenfalls den Schritt in die Selbstständigkeit wagen.
Dies kann ihr Berater Özgür Sari von der Volksbank Freiburg so bestätigen. Denn es sei seiner Meinung nach tatsächlich so, dass Frauen erst spät in Berührung mit dem Thema Unternehmensgründung kommen. Besser wäre es schon früh da anzusetzen, eben in der Schule. „Denn es ist ja oft so, dass das, was man nicht kennt, oft als zu riskant eingeschätzt wird. Somit wird das unternehmerische Risiko überbewertet“, ist er überzeugt. Gleichzeitig müsse aber auch die Vereinbarkeit von „weiblichem“ Unternehmertum und die Familiengründung gefördert werden. „Hier werden Frauen gesellschaftlich und staatlich zu sehr im Stich gelassen. Der Staat muss diesen Bereich stärker fördern. Damit erhalten Frauen die nötige Rückendeckung für die Gründung“, meint der Geschäftskunden-Berater der Volksbank Freiburg.
Die Zusammenarbeit mit Anna Tumminaro empfand Özgür Sari außerdem als sehr gut. „Als Existenzgründerin war Frau Tumminaro bei mir in der Beratung, da sie ein Geschäftskonto eröffnen wollte. Sie war sehr gut vorbereitet und wir haben über viele verschiedene Themen gesprochen, etwa Existenzgründungsdarlehen, Kontokonditionen sowie Absicherungsthemen. Ich kann ihr nur viel Erfolg in ihrer Selbstständigkeit wünschen.“