Ein Jahr im Grünhof

Kreativpark Stipendium der Volksbank Freiburg

03.03.2021

„Unternehmen sollten nicht in eine Investitionsstarre verfallen, sondern gerade jetzt Digitalisierung in Verbindung mit agilen und nutzerzentrierten Methoden weitertreiben.“

Sonja Kriependorf arbeitet freiberuflich als Beraterin mit Schwerpunkt auf Digitalisierung, agilem Arbeiten und Service Design Thinking und war gerade im Rahmen des Kreativpark Stipendiums 12 Monate Teil der Kreativ- und Startup-Community im Grünhof in Freiburg. Wir haben Sie zum Thema Co-Worken in der Pandemie gesprochen und wollten wissen, welche Empfehlungen Sie für Unternehmer zu agilem Arbeiten, Service Design Thinking und digitaler Transformation hat.

Name
Sonja Kriependorf

Beruf
Freiberufliche Beraterin mit Schwerpunkt Digitalisierung, agiles Arbeiten und Service Design Thinking.
Lehrbeauftragte an der Uni Freiburg.

Ausbildung
Früher war ich eine Zeitlang journalistisch und in der Öffentlichkeitsarbeit tätig. Studium in Kommunikationswissenschaft (Bachelor of Arts) und Politik- und Verwaltungswissenschaft (Master of Arts).

Antrieb
Mein Motor ist meine Neugierde und mein Drang Produkte, Prozesse und Arbeitsweisen zu verbessern. Ich verfolge dabei nicht nur eine hohe Lösungs- und Ergebnisqualität, sondern dass allen Beteiligten der Weg dorthin auch Spaß macht.

Vor der Pandemie: Frau Kriependorf bei einem Präsenzworkshop vor ca. 1,5 Jahren.

Liebe Frau Kriependorf, was macht Ihr Unternehmen genau?

Seit Anfang 2020 helfe ich als freiberufliche Beraterin meinen Kund*innen Probleme zu durchdringen und eine geeignete Lösung zu entwickeln. Das kann die Verbesserung eines Prozesses oder auch die Idee für ein neues Produkt sein. Dabei setze ich agile und mensch- bzw. nutzerzentrierte Methoden ein, je nachdem was zur individuellen Fragestellung meiner Kund*innen am besten passt. Ich konzipiere und moderiere häufig auch Workshops und Trainings. Corona-bedingt im vergangenen Jahr fast ausschließlich digital.

Wer sind Ihre Kunden?

Vom Start-up bis zum Konzern ist alles dabei. Mein Fokus liegt aber auf kleineren und mittelständischen Organisationen aus der Region.

Wie haben Sie die 12 Monate in der Lokhalle wahrgenommen?

Corona-geprägt. Gleich nach dem Start meines Stipendiums kam der erste Lockdown. Ich habe dann monatelang fast nur vom eigenen Schreibtisch aus gearbeitet. Da war es schön, die Online-Community des Grünhofs zu haben. Ich schaue jeden Tag im Slack-Workspace des Grünhofs vorbei. Die Sommerzeit im Grünhof, als die Infektionszahlen niedriger waren, habe ich genossen.
Vor allem profitiert habe ich von neuen Kontakten zu anderen Freelancer*innen.

Wie geht es für Sie jetzt weiter?

Das Jahr im Grünhof hat mir gezeigt, welche Aspekte ich an Co-Working gut finde und was vielleicht weniger. Am besten gefallen hat mir der Community-Gedanke: mich mit ganz unterschiedlichen Menschen vernetzen zu können, das finde ich großartig. Deswegen werde ich wahrscheinlich eine Community-Mitgliedschaft abschließen. Ich freue mich schon auf die ganzen Veranstaltungen im Grünhof, die irgendwann wieder vor Ort stattfinden können.

Erzählen Sie uns mehr zu Ihren Beratungsfeldern.

Oft kommen (potenzielle) Kund*innen zu mir mit dem Wunsch nach einer konkreten digitalen Lösung wie einer App. Ich versuche das dahinter liegende Problem zu verstehen: Warum eine App? Welches Bedürfnis der Nutzer*innen wird damit bedient? In meiner Beratung nehme ich die Perspektive der Zielgruppe ein und führe User Research durch. Im Dialog mit den Nutzer*innen entsteht iterativ eine Lösung. Oft ist das am Anfang ein ganz einfacher Papier-Prototyp, der Stück für Stück weiterentwickelt wird.
Manche Kund*innen fragen eher meine fachliche Expertise an, während andere eher Unterstützung im Prozess suchen, beispielsweise durch die Moderation von Workshops.

Was ist gerade während der Corona Zeit wichtig in Bezug auf agiles Arbeiten, Service Design Thinking und digitaler Transformation?

Die Corona-Zeit hat ganz klar gezeigt, dass jene Unternehmen, die einen hohen Reifegrad in der Digitalisierung und agilen Arbeitsweisen haben, besser mit solchen Krisen umgehen können. Denn darum geht es ja: auf eine immer schnellere und komplexer werdende Welt zügig zu reagieren. Nur so können Unternehmen ihre Zukunftsfähigkeit sicherstellen. Deswegen sollten Unternehmen nicht in Investitionsstarre verfallen, sondern gerade jetzt Digitalisierung in Verbindung mit agilen und nutzerzentrierten Methoden weitertreiben.

Durch die Corona Pandemie vermehrt im Homeoffice: Frau Kriependorf kurz vor einem Online-Workshop.

Hat Corona die digitale Transformation begünstigt?

In der Arbeitswelt auf jeden Fall. Der Druck, bestimmte Informations- und Arbeitsprozesse digital abzubilden, wurde und wird durch Corona deutlich erhöht. Aber auch in anderen Bereichen, wie beispielsweise dem Gesundheitswesen, wurde die Digitalisierung stark vorangetrieben. Auch wenn immer noch viel Luft nach oben ist. Aber da hat sich im vergangenen Jahr in Deutschland vermutlich mehr getan als in den fünf Jahren zuvor.

Was sind Ihre aktuellen Tipps/Empfehlungen zu agilem Arbeiten, Service Design Thinking und digitaler Transformation?

Sich gezielt auf die Themen einzulassen und dabei die individuellen Voraussetzungen der eigenen Organisation zu berücksichtigen. Auf keinen Fall Methoden wie Scrum mit der Brechstange einführen. Das ist ein tolles Framework, aber nur wenn die Voraussetzungen geschaffen werden, kann es erfolgreich eingesetzt werden. Oft ist es hilfreich ein Pilotprojekt zu starten, um eine bestimmte Fragestellung etwas agiler und nutzerzentrierter zu bearbeiten. Und keine Angst vorm Scheitern haben. Das ist ein Lernprozess.

Das nächste Stipendium beginnt im März 2021. Was würden Sie Ihrem Nachfolger oder Ihrer Nachfolgerin mit auf den Weg geben?

Nutze die Zeit, um die ganzen Menschen im Grünhof mit ihren unterschiedlichen Unternehmensgeschichten und Kompetenzen kennenzulernen. So ein Jahr vergeht ganz schnell.

Herzlichen Dank für das Gespräch und alles Gute.