Gender Pay Gap: Was Unternehmen gegen die Ungleichbehandlung tun können

Februar 2023

Trotz der Tatsache, dass mehr Frauen erwerbstätig sind als je zuvor, verdienen sie nach wie vor weniger Geld als Männer. Der sogenannte Gender Pay Gap bekommt zwar immer mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit, doch sinken die Unterschiede beim Bruttomonatsverdienst von Frauen und Männern nur sehr langsam. Deutschland ist im internationalen Vergleich mit einem Gender Pay Gap von 18 Prozent sogar unter den Spitzenreitern, was diese Ungleichbehandlung der Geschlechter betrifft. Wir zeigen, wie die Gehaltsunterschiede zustande kommen und was Unternehmen selbst tun können, um den Gender Pay Gap zu verringern.

Der Gender Pay Gap in Zahlen

Der ungleiche Bruttomonatsverdienst von Frauen und Männern bei eigentlich gleicher Arbeit ist kein neues Phänomen, sondern lässt sich seit Jahren beobachten. Dabei ist die Entwicklung des Gender Pay Gaps vor allem ernüchternd: In den Jahren 2006 bis 2009 lag der bundesweite Verdienstabstand laut der Bundeszentrale für politische Bildung bei 23 Prozent, 2019 immerhin bei 20 Prozent und 2022 nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes bei 18 Prozent. Es dauert also meist mehrere Jahre, bis der Gehaltsunterschied zumindest um ein paar Prozentpunkte sinkt.

Auch lässt sich laut Bundeszentrale für politische Bildung feststellen, dass der Gender Pay Gap mit zunehmendem Alter der Frauen steigt. Bei Frauen zwischen 25 und 30 Jahren liegt der Gehaltsunterschied im Vergleich zu gleichaltrigen Männern bei 15 Prozent, im Alter zwischen 36 und 40 Jahren bei 19 Prozent, und in der Altersgruppe zwischen 51 und 55 Jahren bei 25 Prozent.

Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland

Der ungleiche Bruttomonatsverdienst von Frauen und Männern bei eigentlich gleicher Arbeit ist kein neues Phänomen, sondern lässt sich seit Jahren beobachten. Dabei ist die Entwicklung des Gender Pay Gaps vor allem ernüchternd: In den Jahren 2006 bis 2009 lag der bundesweite Verdienstabstand laut der Bundeszentrale für politische Auffällig ist auch der deutliche Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland. Während sich in den alten Bundesländern ein Gender Pay Gap von 19 Prozent feststellen lässt, liegt er in den neuen Bundesländern nur bei 7 Prozent. Als Gründe für diese – vom Statistischen Bundesamt erhobenen Unterschiede – werden meist die unterschiedlichen gesellschaftlichen Entwicklungen in den damals geteilten Ländern genannt. Während in der sozialistischen Deutsch Demokratischen Republik die Frauen deutlich früher erwerbstätig wurden, stiegen die Frauen aus der Bundesrepublik Deutschland viel später in das Berufsleben ein. Auch zeigt sich, dass der Gender Pay Gap in den volkswirtschaftlich stärksten Bundesländern am höchsten ist. Das betrifft vor allem Bayern, Baden-Württemberg und Hessen.

Die Gründe für den Gehaltsunterschied: Bereinigter und unbereinigter Gender Pay Gap

Die bis hierhin genannten Zahlen entsprechen dem unbereinigten Gender Pay Gap. Dieser zeigt nur die unbereinigte Lohnlücke, bemessen am Bruttostundenlohn aller erwerbstätigen Männer und Frauen, an und lässt strukturelle Faktoren, wie die Unterschiede bei den Berufen, den Beschäftigungsumfang, den Bildungsstand sowie die Tatsache, dass Frauen seltener in Führungspositionen sind als Männer, erstmal außen vor. Diese werden erst im bereinigten Gender Pay Gap sichtbar, der laut Statistischem Bundesamt bei sechs Prozent liegt. Selbst unter Berücksichtigung struktureller Faktoren ist der Gehaltsunterschied also immer noch groß.

Wie kommt es nun zu den teils erheblichen Gehaltsunterschieden? Erklärungsversuche zur Entstehung des Gender Pay Gaps gibt es viele. Als Hauptursache wird aber angegeben, dass sich Frauen häufiger für Berufe entscheiden, die unterdurchschnittlich bezahlt werden oder ganz dem Niedriglohnsektor angehören, wie zum Beispiel im Bereich der Reinigung, des Verkaufs und im Gesundheitssektor. Männer dagegen, besetzen viel häufiger Führungspositionen, während sich Frauen aufgrund ihrer gesellschaftlichen Rolle für einen Mittelweg zwischen Beruf und Familie entscheiden müssen. Letzteres führt zu einem weiteren genannten Grund für den Gender Pay Gap: die Erwerbsunterbrechungen von Frauen – durch die Schwangerschaft selbst, einer zeitintensiven Kinderbetreuung und der späteren Teilzeitarbeit beim Wiedereinstieg in den Beruf.

Was können Unternehmen gegen den Gender Pay Gap tun? – eine Checkliste

Vielen Unternehmen ist die Ungleichbehandlung beim Gehalt von Männern und Frauen bewusst, weshalb sie erste Schritte in die Wege leiten, um den Gender Pay Gap zu verringern. Auch eine EU-Richtlinie soll bald Unternehmen, zumindest ab einer Größe von 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, in die Pflicht nehmen. Bestandteil davon ist unter anderem, dass sie Informationen über ihre interne bereinigte Gehaltslücke offenlegen. Liegt der bereinigte Gender Pay Gap dann bei über fünf Prozent, sollen sie dem Betriebsrat nachvollziehbar begründen, woher diese Gehaltsunterschiede kommen. Unternehmen sollen außerdem bald schon in Stellenanzeigen angeben, wie groß die Gehaltsspanne in der jeweiligen zu besetzenden Position ist. Erfolgt das nicht, müssen sie mit Sanktionen rechnen.

Damit es gar nicht erst so weit kommt und Sie dem Gender Pay Gap freiwillig die Stirn bieten können, folgen Sie unserer Checkliste:

Schritt 1: Analysieren Sie die unternehmensinternen Diskriminierungen beim Gehalt

Um den Ungleichbehandlungen beim Gehalt Einhalt zu gebieten, müssen diese erst identifiziert werden. Vielen Unternehmen ist es oftmals gar nicht bewusst, dass sie ein strukturelles Problem haben und Frauen ohne nachvollziehbaren Grund diskriminieren. Hier kann es hilfreich sein, die internen Vergütungssysteme anhand einer umfangreichen Analyse auf Fehler und Auffälligkeiten zu untersuchen. Die Rede ist von der sogenannten Entgeltanalyse. Hierbei handelt es sich um eine regelmäßige Aufgabe von Personal- und Unternehmensleitungen, bei dem die bisherigen Entgelte auf Ungerechtigkeiten untersucht werden und Veränderungsprozesse in die Wege geleitet werden.

Gerade für die allmähliche Auflösung des gesellschaftlich brisanten Gender Pay Gaps eignet sich diese Methode, da zur Entgeltanalyse auch menschliche Sichtweisen und das Personal selbst, stark miteinbezogen werden. So stellt die Entgeltanalyse unter anderem die Frage: Welche Veränderungsbereitschaft haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst und der Betriebsrat? In einem nächsten Schritt werden dann juristische Möglichkeiten miteinbezogen, zum Beispiel wenn Tarifverträge eine Rolle spielen. Orientierungshilfen bekommen Unternehmen bei der Analyse meist von Dienstleisterinnen und Dienstleistern und Unternehmensberatungsgruppen für Entgeltsysteme oder auch von Gewerkschaften. Ein Beispiel für letzteres ist die IG Metall als Industriegewerkschaft.

 

Schritt 2: Schon beim Recruiting intervenieren

Einer Ungleichbehandlung von Frauen kann schon im Recruitingprozess entgegengewirkt werden. Stellenanzeigen sollten möglichst transparent mit der zu erwartenden Gehaltsspanne umgehen und auch sprachlich Frauen stärker miteinbeziehen. Außerdem sollte das Panel, das Bewerberinnen und Bewerber in die engere Auswahl nimmt und zum Vorstellungsgespräch einlädt, möglichst divers sein. Je mehr unterschiedliche Meinungen und Personengruppen in einem Human Ressources-Team vertreten sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sonst unterrepräsentierte Personengruppen eine reelle und gleichberechtigte Chance bekommen.

 

Schritt 3: Frauen einfach mal befördern

Gemeint ist nicht, Frauen, die für eine bestimmte Führungsposition unterqualifiziert sind, trotzdem zu befördern, sondern die Augen für Frauen zu öffnen, die das Gleiche können und mitbringen, wie der männliche Kollege. Immer noch lässt sich feststellen, dass ab einer bestimmten Hierarchiestufe kaum noch Frauen anzutreffen sind, und das obwohl sie sich von der Qualifikation und dem Sachverstand in ihrem Beruf kaum bis gar nicht von den männlichen Mitarbeitern unterscheiden. Dieser sogenannten gläsernen Decke können Unternehmen entgegensteuern, wenn sie ihre Beförderungsvoraussetzungen überdenken. Für viele Unternehmen ist es zum Beispiel bereits ein Ausschlusskriterium für Führungspositionen, wenn eine Arbeitnehmerin nur Teilzeit arbeitet. Den Teilzeitarbeitnehmerinnen, die kürzer aber vielleicht effizienter arbeiten als die männliche Vollzeitkraft, wird so die Chance auf einen fairen Aufstieg genommen.

Quellen:

Antidiskriminierungsstelle des Bundes (o. D.): 18. Lohnlücke (bereinigt & unbereinigt). Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Abgerufen von https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Glossar_Entgeltgleichheit/DE/18_Lohnluecke.html [08.02.2023].

Backovic, L. (7. März 2022). Equal-Pay-Day: Die Gehaltslücke zwischen Mann und Frau wird zum Risiko – was Unternehmen jetzt tun können. Handelsblatt. Abgerufen von https://www.handelsblatt.com/karriere/equal-pay-day-die-gehaltsluecke-zwischen-mann-und-frau-wird-zum-risiko-was-unternehmen-jetzt-tun-koennen/28137650.html [06.02.2023].  

Statistisches Bundesamt (o. D.): Qualität der Arbeit: Gender Pay Gap. Destatis. Abgerufen von https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-1/gender-pay-gap.html [06.02.2022]. 

Wolf Entgelt Systeme (o. D.): Entgelt-Analyse: Präzise Analysen im Vorfeld eines Entgeltveränderungs-Projekts. I.O. Group® Wolf® Unternehmensberatungsgruppe. Abgerufen von https://entgelt.de/entgelt-services/entgelt-analyse/ [09.02.2023].

Zinke, G. (1. November 2020). Geschlechterungleichheiten: Gender Pay Gap. Bundeszentrale für politische Bildung. Abgerufen von https://www.bpb.de/themen/arbeit/arbeitsmarktpolitik/318555/geschlechterungleichheiten-gender-pay-gap/ [06.02.2023].