Volksbank-Vorstand Uwe Barth im Gespräch mit dem Freiburger Stadtkurier

 

01.10.2020

Stadtkurier-Redaktionsleiter Stefan Ummenhofer unterhielt sich mit unserem Vorstandssprecher Uwe Barth, über die Folgen von Corona, nachhaltiges Wirtschaften und dem großen Neubau.

Frage: Wie gestaltet sich derzeit das Corona-bedingte Arbeiten in der Volksbank?

Barth: Im Vergleich zu den einschneidenden Maßnahmen im März, als wir einige, vor allem große Filialen geschlossen hatten, hat es sich etwas normalisiert. Aber natürlich achten wir sehr auf die Hygiene-Vorgaben, trennen die Abteilungen und setzen auf „Vereinzelung“. Was mich betrifft, so hat sich meine Reisetätigkeit stark eingeschränkt – und die Zahl der Videokonferenzen ist in einem Maße angestiegen, wie ich es mir zu Beginn des Jahres nicht hätte vorstellen können.

Frage: Es ist nicht dasselbe, ob man per Video konferiert oder zusammen in einem Raum sitzt – oder?

Barth: Nein, es ist ein wichtiger Notbehelf für Informationsweitergabe, aber ohne die wirkliche persönliche Interaktion fehlt einem etwas. Ich habe mich damit arrangiert, freue mich aber darauf, wenn die meisten Videokonferenzen wieder durch echte ersetzt werden.

Frage: Anders als in der Finanzkrise 2008/09 stehen die Banken dieses Mal nicht im Zentrum der Krise. Können sie Teil der Lösung sein – gerade als Regionalbank?

Barth: Ich denke, die Regionalbanken sind bereits Teil der Lösung. Wir haben eine Kreditvergabe quasi am Fließband betrieben – die Anträge gingen seit Ausbruch der Coronakrise steil nach oben. Da ist es natürlich ein großer Vorteil, wenn man die Kunden kennt und einen persönlichen Zugang hat. Die letzten Monate waren diesbezüglich eine sehr anstrengende Zeit – wir konnten und können dem Auftrag unserer Bank so ideal nachkommen.

Frage: Sie haben vorher daran erinnert, dass aus Sicherheitsgründen einige Ihrer Filialen geschlossen wurden. Gab es denn Pläne, die eine oder andere gar nicht erst wiederzueröffnen? Sprich: Beschleunigt die Krise das Filialsterben?

Barth: Wir haben alle Filialen wiedereröffnet, aber es stimmt schon, dass die Coronakrise dem „Electronic Banking“ weiteren Auftrieb gegeben hat – auch bei älteren Menschen. Der Kunde muss auf keine Leistung verzichten, auch nicht auf eine qualifizierte Beratung, wenn er beispielsweise das seit zwei Jahre laufende digital-persönliche Beratungsangebot vob@now nutzt, das sich gerade in der Coronakrise immer größerer Beliebtheit erfreut. Das alles verstärkt den Trend zur Konzentration.

Frage: Die Volksbank Freiburg verfügt derzeit über 23 Filialen. Gibt es konkrete Bestrebungen, welche zu schließen?

Barth: Nein, mit den 23 fühlen wir uns derzeit gut aufgestellt. Ob es auch in Zukunft bei den 23 bleibt, wird sich zeigen.

Frage: Die „Creditreform“ hat neulich befürchtet, dass jedes sechste Unternehmen in Deutschland durch Rettungsgelder und die ausgesetzten Insolvenzmeldungen ein „Zombieunternehmen“ werde. Befürchten auch Sie 2021 eine große Pleitewelle?

Barth: Ich habe mir darüber anfangs größere Sorgen gemacht, inzwischen bin ich etwas optimistischer. Die staatlichen Fördermittel sind und waren mächtig, aber aus meiner Sicht gerechtfertigt. Insgesamt hat die Politik angesichts der unklaren Situation ganz vernünftig reagiert. Es ist bislang zu weniger Unternehmensausfällen gekommen als befürchtet. Klar ist aber auch: 2021 wird das „Jahr der Wahrheit“!

Frage: Was gibt Ihnen Hoffnung?

Barth: Dass ich weiter an die „Kraft des Unternehmertums“ glaube. Wichtig wäre freilich, dass es keinen zweiten Shutdown geben darf.

Frage: Derzeit scheinen staatliche Schulden ja kein Problem zu sein. Friedrich Merz hat jüngst Finanzminister Olaf Scholz vorgeworfen, diese haue „Geld raus, als gäbe es kein Morgen“. Fürchten Sie, dass durch die Coronakrise die Grundsätze des nachhaltigen Wirtschaftens verloren gehen?

Barth: Ich sehe kein Ende des nachhaltigen Wirtschaftens. Und letztlich ist es ja durchaus auch nachvollziehbar, das Geld dann auszugeben, wenn es schlechter läuft. Die Staatsverschuldung ist von ca. 60 % gemessen am Bruttosozialprodukt auf ca. 90 % gestiegen, das ist beachtlich aber noch zu beherrschen. Wichtig wird es allerdings sein, die Verschuldung dann ab 2023/24 wieder zurückzuführen.

Frage: Durch die Corona-Hygienebestimmungen werden die Menschen angehalten, möglichst mit Karte zu zahlen. Könnte das endgültig dazu führen, dass das Bargeld allmählich abgeschafft wird? Und wäre das mehr Segen oder mehr Fluch?

Barth: Von den Befürwortern von Bargeld wird ja oft mit einer Einschränkung der Freiheit, Stichwort gläsernder Bürger, im Falle einer permanenten Kartenzahlung argumentiert. Ich habe da aber ein recht hohes Vertrauen in den Staat und Glaube nicht an absichtlichen Missbrauch. Fakt ist, die diesbezügliche Technik ist recht zuverlässig. Und, seien wir ehrlich, eigentlich brauchen wir kein Bargeld. In Deutschland gibt es aber in solchen Dingen ein recht hohes Beharrungsvermögen. Vielleicht ändert sich das jetzt tatsächlich durch die Coronakrise ein bisschen.

Frage: Sie sprachen bei der Bilanz-Pressekonferenz im Februar von einem „guten und ordentlichen Geschäftsjahr 2019“, die Volksbank Freiburg sei unter anderem wegen der hohen Eigenkapitalquote gut aufgestellt. Inwieweit sind Sie auch mittelfristig guter Dinge?

Barth: Ich möchte es mal so sagen: Die Coronakrise ist nicht das Hauptproblem der Banken, sondern nach wie vor die anhaltend niedrigen Zinsen. Mir ist dennoch nicht bange, denn ich sehe unsere Bank nach wie vor gut aufgestellt.

Aber natürlich deutet diese dauernde Niedrigzinsphase, die schon mehr als eine Phase darstellt, auf einen gewissen Abwärtstrend hin, gegen den man erst einmal ankommen muss…

Frage: Ein anderes Thema: In Sachen Volksbank-Neubau war man zuletzt sehr gut im Zeitplan. Gilt das immer noch so oder hat sich die Situation durch Corona verkompliziert?

Barth: Im März war uns schon etwas mulmig, aber wir sind nach wie vor voll im Zeitplan. In der Bauwirtschaft läuft es ja gut, da ist quasi Vollbeschäftigung. Wenn jetzt nicht noch einmal ein Shutdown kommt, können wir wie geplant im Frühsommer 2021 einziehen.

Frage: Die Fassade kristallisiert sich jetzt immer deutlicher heraus. Wie ist die Resonanz?

Barth: Die, die mich erreicht, ist sehr positiv – und uns gefällt der Bau auch sehr gut. Architektur ist aber natürlich immer etwas Individuelles, Subjektives. Auf jeden Fall ist das neue Gebäude nicht beliebig und es scheint gelungen, den Zeitgeist zu treffen.

Frage: Etwa die Hälfte der Flächen des Neubaus werden vermietet. Haben etwaige weitere Interessenten noch eine Chance oder ist alles schon in trockenen Tüchern?

Barth: 95 Prozent der Flächen sind verbindlich vermietet. Bis auf ein paar Restflächen und kleinere Handelsflächen ist alles in trockenen Tüchern, da hatte auch Corona keinen Einfluss. Bis Ende des Jahres entscheidet sich, ob auch noch ein gastronomischer Anbieter hinzukommt.

Frage: Ganz oben im 11. Stock sitzt aber der Volksbank-Vorstand…?

Barth: Das können wir uns doch finanziell gar nicht leisten (lacht). Nein, die obersten Stockwerke werden vermietet, der Vorstand wird sich im 7. Stockwerk einrichten. Aber auch von dort gibt es einen tollen Blick.

Frage: In vielen Firmen wurde jetzt die Zahl der Auszubildenden aufgrund der Coronasituation reduziert. Wie sieht es hier bei der Volksbank Freiburg aus? Und: Wie groß ist der Andrang der Bewerberinnen und Bewerber?

Barth: Es gelingt uns nach wie vor, talentierte Nachwuchskräfte zu bekommen – auch wenn die Strahlkraft des Bankberufes in den letzten Jahren etwas nachgelassen haben mag. Unsere Ansprüche sind unverändert hoch und das Auswahlverfahren ist im Sinne der jungen Menschen auch anspruchsvoll. Aber dann passt es auch, für beide, die Volksbank und unseren neuen Auszubildenden.  Wir bilden insgesamt zwischen 10 und 15 Azubis aus. Wir sind guter Dinge, auch im nächsten Jahr wieder geeignete Auszubildende zu finden, die sowohl fachlich als auch von der Persönlichkeitsstruktur her ideal zu uns passen. Letzteres ist mindestens genauso wichtig, denn der Bankberuf ist und bleibt ein Menschenberuf!

 

Fotos: Martin Beiermeister

 

Anmerkung der Volksbank Freiburg

Das Interview mit dem Vorstandssprecher der Volksbank Freiburg, Uwe Barth, ist ursprünglich am 1. Oktober 2020 im Freiburger Stadtkurier erschienen.

 

Dr. Stefan Ummenhofer

ist seit 2008 Redaktionsleiter des STADTKURIER Freiburg. Der Politikwissenschaftler arbeitete zuvor unter anderem bei der WELT und leitete das Freiburger Büro des Schwarzwälder Boten. Bekannt ist er auch für seine – gemeinsam mit Alexander Rieckhoff verfassten – Schwarzwald-Krimis um den Lehrer Hubertus Hummel, von denen bereits elf Bände erschienen sind.