Die Stimmung bei den Banken war schon einmal besser. Vor allem die anhaltende Niedrigzinsphase sorgt für Gewinneinbrüche, zudem sind diverse Umstrukturierungsmaßnahmen nötig. Stadtkurier-Redaktionsleiter Stefan Ummenhofer unterhielt sich mit dem Vorstandsvorsitzenden der Volksbank Freiburg, Uwe Barth, über Perspektiven, Modernisierungen und über das große Bauprojekt der Volksbank.
Volksbank-Vorstand Uwe Barth im Finanzgespräch mit dem Freiburger Stadtkurier

Frage: Zu Beginn gleich der Dauerbrenner: Die Niedrigzinsphase. Inwieweit macht sich diese 2018 bei Ihrer Bank deutlicher bemerkbar?
Wir haben ein hohes Wachstum im Kreditgeschäft, dennoch gibt es seit 2016 einen Rückgang von etwa fünf Prozent beim Zinsergebnis. Dieser Trend dürfte sich aufgrund der weiterhin tendenziell niedrigen Zinsen auch fortsetzen.
Frage: Wie lange werden die niedrigen Zinsen mindestens noch anhalten?
Barth: Ich vermute schon, dass diese Phase bis mindestens 2021/22 andauert. Natürlich spielt dabei auch eine Rolle, wie sich die Europäische Zentralbank verhält. Aufgrund der jetzt langsam steigenden Inflationsrate dürften sich aber auch die Zinsen im Jahr 2019 leicht erhöhen.
Frage: In Ihrer Prognose für 2018 sagten Sie bei der Bilanz-Pressekonferenz für 2017 für Ihre eigene Bank: „Das Betriebsergebnis wird sich abschwächen, verbleibt aber auf einem nach wie vor auskömmlichem Niveau.“ Sie würden also jetzt, ein gutes halbes Jahr nach dieser Prognose, sagen: „So ist es gekommen“?
Barth: Ja, das Wort „auskömmlich“ trifft es durchaus. Wir liegen vermutlich ein bis zwei Millionen Euro unter dem Vorjahresergebnis, das ist innerhalb des Erwartungshorizontes. Tendenziell geht der Trend nach unten, aber das war ja auch so prognostiziert. Derzeit wird dies noch abgeschwächt durch die Wachstumsrate, die 2017 acht Prozent betrug. Abgesehen davon muss man sehen, dass wir ja auch ertragsstarke Jahre hinter uns haben.
Frage: Das Wertpapiergeschäft steigt. Inwieweit könnte es noch mehr steigen, wenn der Gesetzgeber nicht einige bürokratische Hürden wie das Lesen von hunderten von Seiten Information eingebaut hätte?
Barth: Es könnte durchaus noch steigen – wobei man natürlich in Rechnung stellen muss, dass der Gesetzgeber ja in guter Absicht handelt. Auch ich selbst habe großes Verständnis für den Verbraucherschutz, wobei Manches zweifelsohne ausufert und an der Lebenswirklichkeit vorbeigeht. Es ist mitunter wie bei den Beipackzetteln zu Arzneien: Die liest de facto auch kaum jemand komplett durch…
Frage: Das kann man aber nur, wenn man mit diesem Kunden wirklich in Kontakt ist. Ein Vorteil also für die Regionalbanken?
Barth: Absolut. Durch die Kundennähe geht dies natürlich in anderem Maße, als wenn ich als Wertpapier-Interessent lediglich mit einer Bank aus dem Internet zu tun habe.
Frage: In den Medien war in der jüngsten Vergangenheit viel von „Kryptowährungen“ wie Bitcoins zu lesen. Ist das in Bezug auf Deutschland eher ein Medienhype oder werden solche Währungen Ihrer Meinung nach künftig eine relevante Rolle spielen?
Barth: Bitcoins werden meist als bekanntestes Beispiel der interessanten Blockchain-Technologie genannt. Im Kern handelt es sich ja um einen besonderen Algorithmus, der diese Transaktionen überhaupt ermöglicht. Ich war aber vor nicht allzu langer Zeit mit einer Delegation in Seoul, wo man gesehen hat, dass der Stellenwert solcher Kryptowährungen in Asien deutlich größer ist. Da konnten Sie Bitcoins am Automaten in US-Dollar wechseln – das war durchaus faszinierend, aber für uns hier ist das bis auf Weiteres kein wirkliches Thema.
Frage: Sie sagten im Februar, dem Ertragsrückgang durch die niedrigen Zinsen müsse auch mit der Reduktion laufender Kosten und veränderten Strukturen begegnet werden. Im Frühjahr wurden acht weitere Filialen in Ihrem Geschäftsgebiet geschlossen, derzeit sind es noch 24. Wie war die Resonanz an den acht bisherigen Standorten?
Barth: lch habe den Eindruck, dass das Verständnis aufgrund unserer intensiven Kommunikation bei den Kunden gestiegen ist, auch wenn es dafür natürlich keinen Beifall gibt. Es ist nunmal so, dass wir uns der Lebenswirklichkeit und Veränderung in der Gesellschaft stellen müssen – und da werden die Filialen nunmal immer weniger frequentiert.
Frage: Sind weitere Schließungen oder gar Fusionen geplant?
Barth: Nein, momentan weder das eine noch das andere. Ohnehin achten wir sehr darauf, dass die Kunden bei Schließungen innerhalb von zehn Autominuten bei der nächsten Filiale sind – das ist eine relevante Bezugsgröße. Was aber über die Schließung von Filialen hinaus von uns angepasst wurde, sind die Öffnungszeiten bei den Freiburger Stadtfilialen.
Frage: Sie setzen auf eine Kombination verschiedener Kontaktmöglichkeiten für die Kunden – etwa eine erweiterte persönliche Beratung per Telefon oder Internet. Zudem sind fünf Mitarbeiter zu speziellen Online-Serviceberatern ausgebildet worden. Wie werden diese neuen Optionen angenommen – vom vob@now-Berater bis zum Bargeld-Bringdienst?
Barth: Diese neuen Angebote werden sehr gut angenommen, weil sie eben auch ein breites Spektrum abdecken. Dazu gehört auch, dass vor allem beim Thema Geld das Sicherheitsbedürfnis der Menschen besonders ausgeprägt ist. In Deutschland ist diese Skepsis gegenüber digitaler Dienstleistungen im Allgemeinen übrigens deutlicher ausgeprägter als etwa in Skandinavien: In Estland wurde ich schon fast schief angeschaut, als ich eine Kleinigkeit in bar bezahlen wollte…
Frage: Das Wachstum im Kreditgeschäft kommt nicht unwesentlich aus dem Immobilienbereich. Wie schätzen Sie diesbezüglich die Diskussionen um den geplanten neuen Stadtteil Dietenbach ein?
Barth: Wir begrüßen das Bauvorhaben prinzipiell, denn objektiv ist ja der Bedarf an Wohnraum zwingend da. Letztlich geht es darum, dass und ob man die Interessen der Stadt und der privaten Wohnraumanbieter bezüglich der Grundstückspreise unter einen Hut bekommt – und zwar zu Gunsten derer, die den so dringend benötigten Wohnraum brauchen.
Frage: Für wie realistisch halten Sie es, dass das Bürgerbegehren gegen die Bebauung von Dietenbach Erfolg hat?
Barth: Zunächst mal ist so ein Bürgerbegehren ja ein demokratisches Recht. Wie es ausgeht, kann und will ich derzeit nicht einschätzen.
Frage: A propos Bauen: Der 80 Meter-Kran erinnert schon von weitem an die rege Tätigkeit in Sachen Bauprojekt Volksbank-Areal. Wie geht es voran – und: Der geplante Neubezug bleibt bei 2021?
Barth: Wir sind sehr zufrieden und absolut im Zeitplan. Das Zeitziel zur Grundsteinlegung war Herbst 2018 – und diese wird jetzt am 24. Oktober stattfinden. Gott sei Dank sind wir bislang auch von jeder Art von Unfällen verschont geblieben. Bisher spricht nichts dagegen im Jahr 2021 den Einzug zu feiern.


Frage: Es geht da ja nicht nur um den Volksbank-Neubau, sondern auch um ein Hotel, verschiedene Ladengeschäfte sowie die Kooperation mit dem St. Ursula-Gymnasium. Kann man sagen, dass der Neubau nicht nur Geld kostet, sondern auch eine Investition in die Zukunft ist, weil man künftig Büros und Läden vermieten kann?
Barth: Das ist definitiv so. Wir nutzen nur etwa die Hälfte der gesamten zur Verfügung stehende Fläche. Fremdvermietet werden ca. 2.000 Quadratmeter Büroflächen, 2.000 Quadratmeter Handelsflächen im Erdgeschoss sowie das Vier-Sterne-Hotel Mariott Courtyard mit 156 Zimmern und die Tiefgarage mit insgesamt über 300 Stellplätzen. Das sind wichtige Eckpfeiler in der Gesamtdarstellung – wir werden insgesamt einen attraktiven Mix haben. Und: Wir sind uns bewusst, dass das Neubauprojekt gewissermaßen auch ein Eingangstor zur Innenstadt werden wird.
Frage: Gibt es denn schon Interessenten in Sachen Büro- und Ladenflächen?
Barth: Ja, absolut – es gab auch schon Gespräche, so dass ich sagen kann: Der Bedarf und auch das Interesse sind wie erwartet relativ hoch.
Fotos: Martin Beiermeister
Anmerkung der Volksbank Freiburg
Das Interview mit dem Vorstandssprecher der Volksbank Freiburg, Uwe Barth, ist ursprünglich am 4. Oktober 2018 im Freiburger Stadtkurier erschienen.

Dr. Stefan Ummenhofer
ist seit 2008 Redaktionsleiter des STADTKURIER Freiburg. Der Politikwissenschaftler arbeitete zuvor unter anderem bei der WELT und leitete das Freiburger Büro des Schwarzwälder Boten. Bekannt ist er auch für seine – gemeinsam mit Alexander Rieckhoff verfassten – Schwarzwald-Krimis um den Lehrer Hubertus Hummel, von denen bereits elf Bände erschienen sind.