„Sehr goße Erleichterung“

Volksbank-Chef Uwe Barth über den Neubau, die Weiterentwicklung der Arbeitskultur und seinen Lieblingsplatz im neuen Gebäude

Juli 2021

Vergangenen Donnerstag war es soweit: Das neue Volksbank-Areal gegenüber des Freiburger Hauptbahnhofes wurde eröffnet – und Volksbank-Chef Uwe Barth blickte in „lauter zufriedene Gesichter“. Logisch, dass der Neubau im Mittelpunkt des Finanzgespräches zwischen Barth und Stadtkurier-Redaktionsleiter Stefan Ummenhofer stand. Doch das allgemeine Bankgeschäft muss unabhängig davon weiterlaufen – und so nahm Uwe Barth auch Stellung zu zahlreichen anderen Themenbereichen von der Niedrigzins-Ära bis zur Frage nach der Angebots-Vielfalt der Volksbank in Zeiten, in denen immer weniger Menschen persönlich in einer Filiale vorbeikommen.


SK: Haben Sie sich schon gut in Ihrem neuen Büro im 7. Stock eingerichtet?

Barth: Absolut, ich bin jetzt seit Mai dort. Es war übrigens jetzt das erste Mal in meiner berufliche Karriere, dass ich mir selbst ein Büro einrichten durfte. Alles hat geklappt, es gefällt mir wirklich sehr gut.

SK: Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen hat dieser 84-Millionen-Neubau offenbar nach Plan funktioniert. Wie groß ist Ihre Erleichterung?

Barth: Die ist sehr groß, das Ganze war ja alles in allem ein zehn Jahre dauerndes Projekt. Darüber, dass wir alle Ziele verwirklichen konnten und dabei auch noch im Zeit- und Kostenrahmen geblieben sind, bin ich heilfroh. Alle Beteiligten haben großartig Hand in Hand gearbeitet.

SK: Gab es zwischendurch einen Zeitraum, in dem Ihnen angesichts der Größe des Projektes und der Dramatik der Corona-Krise mulmig war?

Barth: Es gab eine Reihe mulmiger Phasen, in denen mein nächtlicher Schlaf etwas unruhiger war. Eine davon war sicher der Beginn der Corona-Krise, als noch nicht genau absehbar war, wo das hinführen könnte...

 

SK: Wie ist denn die allgemeine Resonanz auf das neue Gebäude - von Beschäftigten ebenso wie von Externen?

Barth: Die Grundresonanz ist positiv – das war sie schon, als sich das neue Gebäude aus seiner Verschalung heraus entwickelte. Wir bekommen viel Zuspruch – und vor allem habe ich den Eindruck, dass es allgemein als das wahrgenommen wird, was wir angestrebt haben: Als attraktives Eingangstor zur Innenstadt. Wir haben momentan noch etwa 160 Beschäftigte im Homeoffice - auch da wird man noch etwas auf Resonanz warten müssen. Ich glaube aber, ich bekäme es früher oder später irgendwie mit, wenn die nicht zufrieden wären...

SK: Die Gestaltung der Räumlichkeiten für die Mitarbeitenden hebt sich ziemlich von dem ab, was man in einem Bankgebäude erwartet...

Barth: Wir haben versucht, eineneue Arbeitswelt zu kreieren und attraktive, motivierende Arbeitsplätze zu schaffen, die Teamworkorientiert sind. Dazu gehört auch eine größtmögliche Flexibilität: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können - wenn irgend möglich – selbst entscheiden, wo sie sich aufhalten. Es gibt mehrere Lounges, Kaffeebars, Plätze, an denen man sich begegnet. Wir wollen keine Revolution der Arbeitsplätze, aber eine Weiterentwicklung unserer Arbeitskultur etablieren - das ist wichtig, auch im Kampf um neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

SK: Sie als Volksbank sind ja nicht die einzigen, die auf dem neuen Areal residieren: Sind inzwischen alle Räume vermietet oder gibt es - etwa durch Corona- noch leerstehende Flächen?

Barth: Bis auf eine kleine gastronomische Fläche, die vermutlich im Frühjahr 2022 eröffnet wird, ist tatsächlich alles vermietet. Wir haben eine gute und gesunde Mietstruktur
aus Mittelstand und größeren Unternehmen, ein bisschen großstädtisch und ein bisschen regional, also eine sehr gute Mischung.

SK: Hätten Sie gerne noch etwas höher gebaut als die elf Stockwerke?

Barth: Wenn Sie mich so fragen: Ja. Es gab aber einen guten Austausch der Argumente mit der Stadt und wir sind jetzt damit im Reinen, zumal die Entscheidung ja schon vor einiger Zeit gefallen ist. Wir können mit diesen elf Stockwerken deshalb absolut leben.

SK: Wechseln wir das Thema: Vergangenes Jahr sprachen Sie von einer coronabedingten „Kreditvergabe am Fließband“. Setzt sich diese Permanenz auch derzeit noch fort?

Barth: Auch wenn die klassischen Corona-Hilfskredite jetzt weit gehend wegfallen, würde ich das bejahen: Die Kreditnachfrage ist weiter steigend, so dass wir die Grundaufgaben unserer Bank sehr gut erfüllen können.

SK: Es gab im Vorjahr größere Sorgen in Richtung einer drohenden Insolvenzwelle. Sie sagten damals, 2021 werde diesbezüglich das „Jahr der Wahrheit“. Wie würden Sie die Situation derzeit einschätzen?

Barth: Seit 1. Mai gilt ja wieder das normale Insolvenzrecht, wie es vor Corona war. Was unsere Bank betrifft, haben wir – Stand jetzt – keine erhöhten Kreditausfälle zu verzeichnen. Eine gewisse Skepsis bleibt zwar, weil viele Branchen wirklich hart getroffen wurden, aber die große Pleitewelle befürchte ich derzeit nicht. Hoffen wir, dass die nicht doch noch kommt...

SK: Einer der Gewinner der Corona-Krise ist das „Electronic Banking“. Die Kehrseite dieser Modernität ist die Tatsache, dass immer weniger Menschen persönlich in den Filialen vorbeikommen. Gibt es derzeit Pläne für weitere Filialschließungen?

Barth: Nein, derzeit gibt es keine weiteren Pläne, wobei wir sicher im Jahr 2030 weniger Filialen haben werden als jetzt. Der Trend zum Online-Banking ist tatsächlich ungebrochen und hat sich durch Corona weiter beschleunigt. Entscheidend ist aber, etwas für alle Bedürfnisse anzubieten, denn selbst die „Generation Z“, also die derzeitigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, wollen laut Studien unterschiedliche Angebote nutzen. Für uns als Regionalbank geht es darum, diesen Spagat zu schaffen: Persönlich präsent zu bleiben, aber gleichzeitig auf dem neuesten digitalen Angebotsstand zu sein. Das klappt sehr gut, finde ich.

SK: Von mehreren Verantwortlichen bei Banken hört man, noch schlimmer als die Coronakrise sei die anhaltende Niedrigzinsphase, die inzwischen ja schon fast eine Ära ist. Wie groß sind deren Gefahren tatsächlich – auch für die Volksbank Freiburg?

Barth: Sie haben Recht: Es ist eine Ära - und ich kann mich an kein Gespräch zwischen uns in den letzten Jahren erinnern, in dem das nicht Thema gewesen wäre. Völlig begründet, denn die dauerhaften Niedrigzinsen sind ein schleichendes Gift, bei dem kein Ende in Sicht ist. Für uns als Regionalbank folgt daraus ein massiver Anpassungsdruck in einem harten Wettbewerb. Wir bei der Volksbank Freiburg haben gut gewirtschaftet und daher eine recht gute Ausgangslage, aber angesichts dieser Herausforderungen könnte auch das irgendwann einmal endlich sein.

SK: Immobilien sind – auch wegen der langen Niedrigzinsphase – vielerorts unerschwinglich geworden. Gibt es im Verbreitungsgebiet der Volksbank Freiburg noch Orte oder Gebiete, für die das weniger gilt?

Barth: Natürlich gilt: Je stadtnäher, je besser angebunden, desto teurer sind die Immobilien. Generell gilt aber für unser gesamtes Verbreitungsgebiet: Wir haben überall steigende Preise – das hat sich durch Corona nicht gebessert, im Gegenteil. Die Nachfrage ist weiter deutlich höher als das Angebot und die Preise, die aufgerufen werden, hätte man vor ein paar Jahren nicht für möglich gehalten. Das macht mir wirklich Sorgen, denn es wird immer schwieriger, Wohneigentum zu bekommen - gerade beispielsweise für junge Familien.

SK: Zum Schluss nochmal eine Frage zum Neubau: Gibt es schon einen Lieblingsplatz auf dem Volksbank-Areal – natürlich außer Ihrem Büro...?

Barth: Ich habe tatsächlich schon einen solchen Platz gefunden: In einem Lounge-Sessel in der Nähe unserer tollen Cafeteria neben einem Bild des Freiburger Künstlers Martin Kasper, das das Innere der alten Volksbank zeigt. Dieser Platz kombiniert das Neue mit der Nostalgie, die ich trotz des tollen Neubaus noch etwas fühle.

 

Fotos: Martin Beiermeister

Anmerkung der Volksbank Freiburg

Das Interview mit dem Vorstandssprecher der Volksbank Freiburg, Uwe Barth, ist ursprünglich am 15. Juli 2021 im Freiburger Stadtkurier erschienen.

 

Dr. Stefan Ummenhofer

ist seit 2008 Redaktionsleiter des STADTKURIER Freiburg. Der Politikwissenschaftler arbeitete zuvor unter anderem bei der WELT und leitete das Freiburger Büro des Schwarzwälder Boten. Bekannt ist er auch für seine – gemeinsam mit Alexander Rieckhoff verfassten – Schwarzwald-Krimis um den Lehrer Hubertus Hummel, von denen bereits elf Bände erschienen sind.