Stadtmission Freiburg

Mai 2022

Seit zwei Monaten wird in der Ukraine Krieg geführt. So lange leiden schon die Menschen darunter. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer haben sich auf den Weg gemacht, um sich in Sicherheit zu bringen. Auch nach Deutschland, auch nach Freiburg. Hier helfen viele Menschen den Geflüchteten. Zu diesen gehört auch die Stadtmission Freiburg. Wie sie die Situation erlebt, mit welchen Herausforderungen sie zu kämpfen hat und wie man ihr helfen kann, das haben wir Tobias Pfleger von der Stadtmission Freiburg gefragt.

Kurz & knapp

Stadtmission Freiburg

  • Begleitet und hilft seit der Gründung 1882 Menschen in konkreten Problem- und Lebenslagen.
  • Partnerprojekt mit dem Kiewer Kinderheim Otchiy Dim (Vaterhaus).
  • Seit Anfang März wurden über 200 Tonnen Hilfsgüter in die Ukraine gebracht.
  • Gleich nach Beginn des Krieges in der Ukraine hat die Stadtmission Freiburg die Kinder aus dem Kinderheim “Vaterhaus” evakuiert.
  • Wer die Stadtmission Freiburg unterstützen möchte, kann dies durch Geld- oder Sachspenden oder durch ehrenamtliches Engagement machen.

Der Krieg in der Ukraine macht uns alle fassungslos. Wie erleben Sie die Lage in der Stadtmission Freiburg?

Der Ukraine-Krieg, die Bilder und vor allem die Nachrichten von Menschen, die in der Ukraine leben oder deren Familienangehörige oder Freundinnen und Freunde dort ihr Zuhause haben oder hatten, sind bestürzend und bedrückend. Angesichts der Not der Menschen entstehen Gefühle der Fassungslosigkeit und mitunter auch der Hilflosigkeit. Aber wir können helfen – auch von hier aus! Und genau das tun wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Kräften. Gleichzeitig erfahren wir große Unterstützung von vielen Seiten: von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, von Unternehmen, von neugegründeten Hilfsinitiativen, von Menschen, die dringend benötige Sachspenden zur Verfügung stellen und vieles mehr.

Die Stadtmission Freiburg hat Ende Februar etwa 160 ukrainische Kinder aus einem Kinderheim bei Kiew evakuiert. Wie haben Sie von den Kindern erfahren?

Das Kinderheim „Vaterhaus“ in der Nähe von Kiew, das aufgrund von Kriegshandlungen bereits am ersten Kriegstag evakuiert wurde, ist ein langjähriges Partnerprojekt der Stadtmission Freiburg. Das S’Einlädele, eine Tochtergesellschaft der Stadtmission, betreibt bereits seit 30 Jahren Ukrainehilfe. Daher verfügen wir über enge Verbindungen in die Ukraine. Dieses Netzwerk an persönlichen Kontakten ist uns in dieser Situation auch im Hinblick auf die Hilfsgüterlieferungen, die mehrmals pro Woche hier in Freiburg starten, eine große Hilfe.

Wie geht es den Kindern jetzt? Wie gehen sie mit dieser Situation um?

Den Kindern und Jugendlichen geht es den Umständen entsprechend gut. Hilfreich ist, dass sie zusammen mit ihren Betreuerinnen und Betreuern nach Freiburg gekommen sind. Untergebracht in vier städtischen Einrichtungen werden sie nicht nur gut versorgt, sondern auch umsorgt – ein Kreis ehrenamtlicher Unterstützerinnen und Unterstützer kümmert sich um das Wohl der Kinder. Der Verlust des gewohnten Umfelds, der Heimat, ist schwerwiegend und die traumatisierenden Erfahrungen werden die Kinder, die schon in ihrer Heimat leider bedrückende Erfahrungen machen mussten, erst allmählich verarbeiten. Wir unterstützen sie darin nach Kräften und merken, etwa an der Lust vieler Kinder, deutsch zu lernen, eine Freude darin, sich die neue Heimat zu erschließen.

Tagtäglich kommen Geflüchtete nach Deutschland. Ist die Stadtmission Freiburg auch bei der Betreuung von Geflüchteten aktiv? Was machen Sie da genau?

Aufgrund der engen Verbindungen in die Ukraine und durch die Mitwirkung von Ukrainerinnen und Ukrainern, die im Rahmen des Europäischen Freiwilligendienstes in Einrichtungen der Stadtmission eingebunden sind, haben wir zahlreiche Kontakte vermitteln und Geflüchteten helfen können. Unsere Hilfe erstreckt sich auf dem Gebiet der Geflüchtetenhilfe allerdings auf die genannten privaten Kontakte.

Wie erleben Geflüchtete und Helfende die Ankunft in Deutschland und Freiburg?

Das ist von außen nicht leicht zu beurteilen. Einen lebhaften Eindruck in die zerrissene Gefühlswelt von Geflüchteten hat Dr. Roman Korniiko, der Leiter des Kinderheims, geschildert: Er fühle sich sehr glücklich, dass die Kinder und Betreuerinnen und Betreuer des „Vaterhauses“ in Freiburg so warmherzig aufgenommen werden und sich zahlreiche Menschen um ihr Wohl sorgen. Gleichzeitig hinterlasse diese große Dankbarkeit gemischte Gefühle, weil er den Eindruck habe, diese große, den Geflüchteten entgegengebrachte Hilfe und Warmherzigkeit nicht im selben Maß jemals wieder zurückgeben zu können.

Die Stadtmission Freiburg organisiert auch Hilfstransporte in die Ukraine. Sind weitere Transporte geplant?

Ja, es sind weitere Transporte geplant. Wir haben seit Anfang März mehr als 200 Tonnen Hilfsgüter in die Ukraine gebracht. Wöchentlich sind mehrere Transporte geplant. Bis August wollen wir rund 1.000 Tonnen Hilfsgüter zu den Menschen in der Ukraine transportieren.

Sie sind auch immer auf Spenden angewiesen. Die Volksbank Freiburg und die Sparkasse Freiburg haben gemeinsam 10.000 Euro für das Stadtmission-Partnerprojekt „Vaterhaus“ gespendet. Was macht dieses Projekt?

Wie oben bereits erwähnt: Derzeit sind die Kinder, Jugendlichen und ihre Betreuerinnen und Betreuer in Flüchtlingseinrichtungen der Stadt Freiburg untergebracht. Die Stadt Freiburg hat uns dankenswerterweise kurzfristig unter die Arme gegriffen und vorerst die Unterbringung und Verpflegung der Kinder und Jugendlichen des „Vaterhaueses“ übernommen. Seit der Ankunft der ersten vier Busse sind weitere Gruppen des „Vaterhauses“ in Freiburg angekommen. Derzeit befinden sich rund 250 Personen aus dem Umfeld des „Vaterhauses“ in Freiburg. Angedacht ist, mit dem von den beiden Finanzinstituten zur Verfügung gestellten Mitteln die Anschaffung eines Busses zu unterstützen, damit die Kinder ihre neue Umgebung erkunden und – im doppelten Wortsinn – erfahren können.

Sind Sie nach wie vor auf Spenden angewiesen? Und wie und wo kann man Ihnen helfen?

Ja, Spenden sind wertvoll und unterstützen unsere Ukrainehilfe. Menschen, die uns in unserem Engagement unterstützen möchten, können dies auf drei Wegen tun. Sie können uns durch Geldspenden unterstützen, durch Sachspenden und durch ehrenamtliches Engagement in unterschiedlichen Bereichen unserer Ukraine-Nothilfe.

Vielen Dank für das Gespräch Herr Pfleger.

Bildautoren:
Bild 1: Stadtmission Freiburg
Bild 2: Ole Husmann
Bild 3: Mareike Drozella/Kyrio