Neben der Digitalisierung und einem veränderten Kundenverhalten machen Regionalbanken vor allem die anhaltende Niedrigzinsphase sowie die zunehmenden regulatorischen Vorgaben zu schaffen. Eine Bestandsaufnahme.
Regionalbanken im Spannungsfeld von Niedrigzinsphase und Regulierung
Bei der Niedrigzinsphase von einer „Phase“ zu sprechen, ist eigentlich Quatsch. Denn längst schon ist der Ausnahmezustand zur Normalität geworden. Begonnen hat alles mit der weltweiten Banken- und Finanzkrise in den Jahren 2007/2008. Damals senkte die Europäische Zentralbank (EZB) in mehreren Schritten den Leitzins von 4,25 Prozent auf heute 0 Prozent. Mit der Senkung des Zinssatzes sollte das Preisniveau stabil und die Inflationsrate niedrig gehalten werden. Darüber hinaus wollte EZB-Chef Mario Draghi durch die Leitzinssenkung erreichen, dass Banken ihr Geld bei der Zentralbank wieder billiger leihen können. Dadurch können die Banken selbst wieder leichter und günstiger Kredite an Unternehmen etc. vergeben, was wiederum die Konjunktur in Europa trotz der Krise ankurbeln sollte.
Niedriges Zinsniveau belastet Banken und Verbraucher
Ob Geschäftsbanken, Volks- und Raiffeisenbanken oder Sparkassen – das Wohl und Wehe aller deutschen Geldinstitute hängt stark von den Zinseinkünften ab. Um die schrumpfenden Margen bei der Kreditvergabe zu kompensieren, setzen Banken unter anderem auf Kostensenkungen, präsentieren neue digitale Angebote, fusionieren zu größeren Einheiten etc. Uwe Barth, Vorstandssprecher der Volksbank Freiburg, sagte dazu in einem Interview zum 150-jährigen Bestehen der Genossenschaftsbank: „Diese Entwicklung bedroht das Wesen unseres bodenständigen Geschäftsmodells. Wir sammeln die Spargelder unserer Kunden ein und vergeben diese Spargelder wieder als Kredit. Wenn das Geld nichts mehr wert ist und das Spargeld nichts mehr wert ist und der Zins nichts mehr wert ist, dann wird uns die Geschäftsgrundlage entzogen. Das ist die eigentliche Gefahr und die ganz große Herausforderung.“
Und wie könnte eine Lösung aussehen? Dazu Volksbank-Vorstand Uwe Barth: „Erstens müssen wir uns das Thema Digitalisierung zunutze machen – wir müssen zur digitalen Regionalbank werden! Zweitens müssen wir in Zeiten der Niedrigzinsphase weiter kontinuierlich wachsen. Und drittens müssen wir uns intensiv mit neuen Technologien auseinanderzusetzen und Innovation im Finanzverbund der Volks- und Raiffeisenbanken weiter vorantreiben.“
Zugleich machen sich aber auch negative Folgen für private Sparer bemerkbar. Denn für diese sanken die Zinsen in den vergangenen Jahren ebenfalls – und zwar auf allen Geldanlagen wie Sparbüchern, Staatsanleihen etc. Die meisten Geldanlagen für Normalsparer sind inzwischen unattraktiv, da sie nicht einmal die Inflationsrate ausgleichen. Deshalb brach in den vergangenen Jahren auch hier ein wichtiger Sockel regionaler Banken weg.

Durststrecke hält an – regionale Banken kämpfen weiter
Seit mehreren Jahren wehren sich Banken gegen den Niedrigzinskurs der Europäischen Zentralbank. Denn damit trifft EZB-Präsident Mario Draghi den zentralen Nervenknoten regionaler Banken: das Kundengeschäft, welches im Wesentlichen ein Zinsgeschäft ist.
Insbesondere regionale Banken, die kostenintensive Vor-Ort-Filialen und Mitarbeiter finanzieren, müssen nun auf anderen Wegen Geld verdienen. Viele von ihnen versuchen es mit höheren Gebühren. Erschwerend kommt für sie dabei aber die verschärfte Wettbewerbssituation in Zeiten des digitalen Wandels hinzu.
Lange Zeit haben einige regionale Banken die Augen vor der Realität verschlossen. Im Jahr 2015 mahnte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret bei der Präsentation einer Studie zur Ertragslage und Widerstandsfähigkeit deutscher Kreditinstitute im Niedrigzinsumfeld: „Ein Durchtauchen durch die Niedrigzinsphase ist eine brandgefährliche Herangehensweise.“
Während einige Kreditinstitute entgegen der Prognosen auf eine Zinswende hofften, hoben andere Banken ihre Gebühren für Services wie Kontoführung und Geldabheben an. So ergab 2017 eine Umfrage der Beratungsgesellschaft Ernst & Young unter 120 Kreditinstituten:
- 27 Prozent der Befragten erhöhen die Gebühren für das Girokonto.
- 19 Prozent verteuern Überweisungen.
- 16 Prozent haben bereits Gebühren für das Geldabheben eingeführt oder planen dies.
Doch die Niedrigzinsphase ist nicht die einzige Entwicklung, unter der regionale Banken leiden.

Wie wesentlich es ist, die Kundenwünsche im Blick zu behalten, erläutert Volker Spietenborg, Vorstand der Volksbank Freiburg, im Interview zum 150-jährigen Jubiläum der Volksbank Freiburg: „Wir müssen unsere Entscheidungsprozesse weiter beschleunigen. Unsere Kunden wollen es heute bequem und schnell haben, andererseits wünschen sie auch hohe Qualität und individuelle Beratung. Diesen Spagat müssen wir schaffen.“
Diesen Kundenwünschen begegnet die Volksbank Freiburg mit dem sogenannten Omnikanal-Konzept. Omnikanal beschreibt dabei laut Wikipedia die gleichzeitige Nutzung von zwei oder mehreren Kanälen. Dabei werden die auf einem Kanal gespeicherten Daten, Wünsche und Einstellungen eines Kunden auf allen Kanälen erücksichtigt. Vorteil für den Kunden: Er kann beliebig an verschiedenen Stellen zwischen den Kanälen – beispielsweise Online-Banking, Telefon oder Gespräch in der Filiale – wechseln.
Bankenregulierung potenziert den Verwaltungsaufwand
Die Aufsicht der Banken wurde im Zuge der Finanzkrise verschärft. Insbesondere für kleinere regionale Banken bedeutet dies einen erheblichen Mehraufwand, der oftmals nicht von den eigenen Mitarbeitern zu bewältigen ist. Aus diesem Grund kommen aus dem EU-Parlament jetzt Forderungen für ein einheitliches Berichtswesen mit einer neuen zentralen Anlaufstelle für die Datenabfrage sowie der Ruf nach neuen Schwellenwerten.
Dabei geht es allerdings nicht um eine Senkung der Kapitalanforderungen für kleine Banken, sondern um administrative Erleichterungen. Doch gerade die internationalen Kapitalverhandlungen zwischen Europa und den USA sind es, die regionalen Banken zu schaffen machen. Dies bemängelte bereits der frühere Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) Georg Fahrenschon: „Eine solche Einigung würde zu Lasten des kontinentaleuropäischen Bankenmarktes gehen und langfristig angelegte Finanzierungsstrukturen gefährden.“
Für regionale Banken erhöht sich bei einer gesteigerten Kapitalanforderung die Kapitallast. Das wiederum trifft langfristig die Unternehmenskredite sowie die Kreditvergaben an Mittelstand und Handwerk. Jene Bereiche also, für die regionale Banken aufgrund der Nähe zu Kunden und Gewerbetreibenden eine wichtige Anlaufstelle sind.
Regionale Banken hoffen auf Schützenhilfe aus Berlin
Daher schlägt die Bundesregierung eine Unterteilung in drei Bankenklassen vor, um insbesondere kleinere Banken vor unnötiger Bürokratie aus Brüssel zu schützen. Umgangssprachlich wird dies auch als „Small Banking Box“ bezeichnet. Für regionale Banken wäre die Umsetzung der damit verbundenen qualitativen und quantitativen Entscheidungskriterien eine enorme Erleichterung. Denn in Deutschland bleiben 82 Prozent der Banken unter dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Schwellenwert von maximal drei Milliarden Euro Bilanzsumme.
Und während Großbanken ihre Risiken mit eigenen Modellen kalkulieren, haben regionale Banken hier eine regulatorische Mammutaufgabe zu schultern. Das steht in keinem Verhältnis, da die Regulation eigentlich das „Zockergeschäft“ großer Banken bremsen soll. Für regionale Banken hängen die Zukunftsaussichten entscheidend davon ab, ob Niedrigzinsphase und länderübergreifende Regulierungswut ein Ende finden.
Die Nähe zum Kunden ist und bleibt die Stärke regionaler Banken. Damit diese nicht verloren geht, muss eine entsprechende Strategie diese Stärke nutzen und kommunizieren. Dann lassen sich auch Wirtschaftskrisen mit allen damit verbundenen Folgen in etwas Positives verwandeln.