KI & Banken: Können wir Künstlicher Intelligenz vertrauen?

Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) ist für viele von uns nur schwer durchschaubar und sorgt häufig für Verunsicherung. Im dritten Teil unserer Reihe mit KI-Experte Professor Oliver Korn von der Hochschule Offenburg sprechen wir darüber, inwiefern Künstliche Intelligenz in der Finanzwelt hilfreich sein kann und warum Professor Korn die Entscheidung für eine Immobilie dennoch lieber selbst trifft.

Oliver Korn ist Professor für Human Computer Interaction und Direktor des Affective & Cognitive Institute (ACI) an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Medien in Offenburg. Zentrales Ziel seiner Arbeit ist es, intelligente Systeme zu entwickeln, die sich durch ihre motivierende spielerische Anwendung auszeichnen und sich dem Nutzer sowie dem Kontext anpassen. Bei seinem jüngsten Forschungsprojekt SUITCEYES handelt es sich um intelligente Kleidungsstücke für Menschen mit Taubblindheit.

Auch wenn sie im Alltag nicht immer auf den ersten Blick sichtbar ist, so wird Künstliche Intelligenz doch schon in vielen Bereichen genutzt (Lesen Sie dazu die Interviews „Künstliche Intelligenz ist längst Bestandteil unseres Alltags“ und „Roboter sollten eher wie Tiere aussehen“ mit Professor Korn). Der Finanzsektor ist da keine Ausnahme. Und auch wenn die Einsatzgebiete noch überwiegend im Hintergrund verborgen liegen, setzen Banken und Tech-Unternehmen viel daran, smarte Lösungen für den Kundenbereich zu entwickeln. Die wichtigste Frage ist dabei: Wie werden intelligente Anwendungen von den Kunden angenommen?

Künstliche Intelligenz bietet unendliche Expertise

Vertrauen und die Gewissheit, dass das persönliche Anliegen ordentlich und korrekt umgesetzt wird, stehen in der Agenda der Nutzer ganz weit oben und spielen laut Professor Oliver Korn „vor allem im Banken- und Medizinsektor eine wichtige Rolle“. Dass smarten Technologien hier aus Kunden- oder Patientensicht erst mal mit besonderer Skepsis begegnet wird, ist nachvollziehbar. Dazu erklärt der Wissenschaftler: „Nehmen wir an, es erscheinen weltweit täglich 2000 bis 3000 medizinische Fachartikel. Ein Arzt könnte die nie alle lesen – aber eine KI. Die Künstliche Intelligenz könnte alle Texte rezipieren und dem Arzt aufgrund dieser Informationen Empfehlungen geben. Der Arzt kann diese Empfehlungen wiederum kritisch bewerten und mit dem Patienten diskutieren.“ Ein ähnliches Konzept könnte auch im Bankenbereich funktionieren. Sich von einer KI einen Kredit oder eine Immobilienfinanzierung zusammenstellen zu lassen, wird für die meisten Kunden wahrscheinlich nicht in Frage kommen. Aber: „Wenn die KI Vorschläge macht, und man diese dann mit einem Experten diskutieren und anpassen könnte, dann ist das möglicherweise sowohl für den Experten als auch den Kunden vorteilhaft.“

Mensch + KI = starkes Team

Die Mischung aus einer hochentwickelten Finanz-KI und einem menschlichen Bankberater wäre damit ein echter Zugewinn. Die Befürchtung, dass diese Aufgaben irgendwann komplett von smarten Robotern übernommen werden, ist zumindest in absehbarer Zukunft unwahrscheinlich. In einer seiner Studien im Pflegebereich konnte Oliver Korn feststellen: „Bei Face-to-Face-Kommunikation wird der Mensch eindeutig bevorzugt. Interessanterweise waren solche Dinge wie Blutabnahme durch Roboter hingegen akzeptiert, Füttern aber zum Beispiel nicht. Bei Funktionszusammenhängen wird KI eher toleriert als bei Zusammenhängen, die auch emotional kodiert sind.“

So etwas Wichtiges wie eine Entscheidung für eine Immobilie würde man deshalb wahrscheinlich nie komplett einer KI überlassen. „Darüber möchte man sich mit einem Menschen unterhalten, auch um sich in ihm zu spiegeln. Und dabei geht es um viel mehr als um Zahlen und Finanzen. Werden meine Kinder in diesem Haus glücklich sein? Ist es der richtige Ort, um eine Familie zu gründen? Solchen komplexen Fragen kann eine KI nicht gerecht werden.“ Auf anderen Gebieten der Bankenwelt jedoch ist KI schon heute extrem hilfreich.

Künstliche Intelligenz bei der Kriminalitätsbekämpfung

Heutzutage geschieht der Einsatz von KI bei Banken meist noch im Hintergrund, zum Beispiel um interne Prozesse zu optimieren. Aber auch bei der Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder allgemeinem Betrug: Durch die herkömmlichen Ermittlungs-Methoden geraten hierbei viele Transaktionen oft fälschlicherweise unter Verdacht – sogenannte „False Positives“. Eine KI kann diese jedoch schnell identifizieren. So bleibt den Ermittlern mehr Zeit, um sich den tatsächlich kriminellen Vorgängen widmen zu können. Denn „False Positives“ können immerhin mehr als 90 Prozent der als verdächtig eingestuften Fälle ausmachen, wie beispielsweise die Danske Bank berichtet.

Künstliche Intelligenz erkennt individuelle Bedürfnisse

Als oberstes Ziel gilt immer, die Kundenerfahrung zu optimieren, also möglichst alle Bedürfnisse der Kunden zu erfüllen, damit die zufrieden sind und gerne wiederkommen. Einige IT-Firmen arbeiten deshalb daran, smarte Programme speziell für den Bankensektor zu entwickeln. Die KI nutzt dann kundenspezifische Daten und landestypische Faktoren, um eine Auswahl von Angeboten oder Aktionen zu treffen, die genau zu den Vorstellungen und Lebensumständen des Kunden passen. Das Prinzip ist in etwa mit dem der personalisierten Werbung vergleichbar, die uns heutzutage auf Webseiten begegnet – nur komplexer.

Künstliche Intelligenz in der Finanz-Beratung

Klarer erkennbar ist die KI, wenn sie in Gestalt eines sogenannten Chatbots in Erscheinung tritt. Chatbots sind Computerprogramme, die eigenständig mit einem menschlichen Gegenüber in Dialog treten können, sei es per Text oder über das gesprochene Wort. Bislang kennt man solche Chatbots zum Beispiel vom Kundendienst eines Online-Shops. Hier können sie auf unkomplizierte und häufig gestellte Fragen schnelle Antworten geben. Es gibt inzwischen aber auch Tech-Unternehmen, die Chatbots sozusagen zu virtuellen Kreditberatern weiterentwickeln wollen. Auch wenn diverse Umfrage-Ergebnisse aus heutiger Sicht noch eher gegen deren Erfolg sprechen. Zum Beispiel gaben nur 20 Prozent der Befragten einer weltweiten Statista Umfrage 2017 an, dass sie einen Chatbot im Banking-Bereich nutzen würden.

Konkret auf die Abneigung gegen Chatbots bezogen, hat das US-amerikanische Meinungsforschungsunternehmen Survey Monkey 2018 eine Umfrage unter 1051 Internetnutzern zwischen 18 und 64 Jahren gemacht. Die Wissenschaftler wollten dabei wissen, was Menschen davon abhält, einen Chatbot zu nutzen. Die häufigste Antwort mit 43 Prozent war, dass sie lieber mit einem echten Menschen reden wollen. 30 Prozent nannten als Grund die Sorge, dass der Chatbot einen Fehler machen könnte, zum Beispiel wenn man etwas kaufen oder eine Reservierung machen will.

Wie schnell sich solche Trends und Meinungen verändern können, zeigt jedoch eine aktuelle Umfrage der Marktforschungsgesellschaft Bitkom Research. So sehen 2018 bereits 62 Prozent Künstliche Intelligenz überwiegend als Chance. Ein Jahr zuvor taten dies nur 48 Prozent. Befragt wurden bei der repräsentativen Studie 1.007 Bundesbürger ab 16 Jahren. Das Vertrauen oder zumindest die Akzeptanz gegenüber Künstlicher Intelligenz scheint also zu wachsen.