Als wir diese Serie über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf konzipiert haben, war schnell klar, dass ich über das Standard-Modell berichten werde – denn nach diesem Modell lebt meine Familie: Mein Mann ist voll berufstätig; ich arbeite 50 Prozent, um nachmittags für die Kinder da sein zu können. Funktioniert das in der Praxis so gut, wie es sich in der Theorie anhört und ist dieses Modell überhaupt noch zeitgemäß?
Serie Familie und Beruf: das klassische Modell

Um die erste Frage gleich am Anfang zu beantworten: Für mich persönlich funktioniert dieses Modell sehr gut. Ich genieße es auf der einen Seite, ins Berufsleben integriert zu sein, jeden Tag Kollegen zu treffen, durch die Arbeit meinen Horizont zu erweitern, Herausforderungen zu bewältigen und dafür Anerkennung zu bekommen. Genauso wichtig sind mir aber meine beiden Töchter: Ich freue mich, dass ich meistens zu Hause bin, wenn sie mittags von der Schule kommen und mir erzählen, was sie erlebt haben und dass ich sie am Nachmittag bei den Hausaufgaben unterstützen oder sie zu diversen Aktivitäten fahren kann.
Inzwischen sind beide auf der weiterführenden Schule und kommen ohnehin erst um 14 Uhr mit dem Bus in unserem Heimatort an. Außerdem sind sie inzwischen alt genug, um problemlos auch mal ein paar Stunden allein zu Hause sein zu können, wenn ich doch mal länger unterwegs bin.
Als die Kinder noch kleiner waren, war Arbeiten für mich nur durch zusätzliche Betreuungsangebote möglich. Ein Angebot für unter Dreijährige gab es damals bei uns im Ort noch nicht (inzwischen hat sich das geändert) – so behalf ich mir mit Tagesmüttern, einer Kleinkindgruppe in einem weiter entfernten Kindergarten und nicht zuletzt meinen Eltern, die nicht weit weg wohnen und in dieser Zeit regelmäßig die Kinder zu sich genommen haben, damit ich arbeiten konnte.
Als die Kinder dann in den Kindergarten gingen, gab es dort zum Glück bereits erweiterte Öffnungszeiten bis 14 Uhr für berufstätige Eltern, das war für mich ausreichend. Im Grundschulalter musste ich dann allerdings selbst tätig werden. Es gab dort zwar ein Betreuungsangebot nach dem Unterricht bis 13.30 Uhr, dieses war allerdings – vorsichtig ausgedrückt – pädagogisch sehr bescheiden. Ich tat mich deshalb mit anderen Müttern zusammen und gründete einen Kernzeit-Verein in unserem Ort. Wenn ich vorher gewusst hätte, wie viel Arbeit und Verantwortung mit dem Aufbau eines solchen Projekts verbunden ist, hätte ich es wahrscheinlich nicht gewagt. Andererseits hätte ich ohne die von uns dann erfolgreich aufgebaute Kernzeit-Betreuung die Stelle bei der Volksbank Freiburg nicht annehmen können.
Ein wirklich großer Bonus ist, dass mein Mann als Lehrer arbeitet. So ist auch er häufig am Nachmittag zu Hause und bekommt viel mehr von den Kindern mit, als andere Vollzeit-Berufstätige. Zwar sitzt er dafür häufig abends noch am Schreibtisch, aber die zusätzliche Zeit mit den Kindern ist ihm das absolut wert. Und ich habe dadurch auch viel weniger das Gefühl, dass „alles an mir hängen bleibt“, als es vielleicht bei anderen halbtags berufstätigen Müttern der Fall ist.
Ganz nebenbei hat das noch den nicht zu überschätzenden Vorteil, dass er in den Schulferien fast immer frei hat. So sind auch die Kinder dann immer versorgt und wir müssen unseren Urlaub nicht versetzt nehmen oder die Kinder wochenlang in Ferienbetreuung schicken, wie das bei anderen berufstätigen Paaren oft der Fall ist.
Ein weiterer Grund dafür, dass dieses Modell für uns funktioniert, sind sicherlich auch meine beruflichen Ziele: Ich bin absolut zufrieden mit meiner derzeitigen Position und habe keine weiteren Karriere-Ambitionen. Wenn das anders wäre, müsste ich über kurz oder lang sicherlich meine Arbeitszeit ausweiten. Ich denke, hier liegt im Moment auch noch das Hauptproblem für berufstätige Mütter: Babypause und Teilzeitjob stehen in sehr vielen Fällen noch immer einem Karriereaufstieg entgegen. Hier wäre auf jeden Fall ein Umdenken und mehr Flexibilität bei den Arbeitgebern gefragt. Und mehr Männer, die zugunsten ihrer Kinder Teilzeitstellen annehmen und – genau wie ihre Kolleginnen – trotzdem Karriere machen können.
Denn wirklich zeitgemäß finde ich das Modell „Mann arbeitet voll, Frau arbeitet halbtags“ eigentlich nicht. Nicht missverstehen: Für mich persönlich passt es absolut, ich möchte es nicht anders haben und mein Mann und ich haben es ganz bewusst so entschieden.
Denn wirklich zeitgemäß finde ich das Modell „Mann arbeitet voll, Frau arbeitet halbtags“ eigentlich nicht. Nicht missverstehen: Für mich persönlich passt es absolut, ich möchte es nicht anders haben und mein Mann und ich haben es ganz bewusst so entschieden.
Zumindest zeitweise zuhause arbeiten zu können, erleichtert die familiäre Organisation enorm
Allgemein gesellschaftlich fände ich es allerdings wesentlich zeitgemäßer, wenn es mehr und individuellere Varianten geben würde: Dass also beispielsweise beide Elternteile 75 Prozent arbeiten und abwechselnd nachmittags zu Hause sind oder dass beide nacheinander jeweils für einige Jahre auf 50 Prozent reduzieren. Auch flexiblere Arbeitszeiten und -orte wären hilfreich: Das Modell „Lehrer“ ließe sich ja auch auf andere Berufe übertragen, wenn der Arbeitnehmer einen Teil seiner Aufgaben abends zu Hause im Homeoffice erledingen könnte.
Ich wünsche einfach allen Eltern, dass sie neben einem hoffentlich erfüllenden Job so viel Zeit für ihre Kinder haben, wie es ihre individuelle Familiensituation erfordert und wie sie es sich wünschen.

Franziska Wendlandt
Franziska Wendlandt arbeitet als Redakteurin und Pressereferentin in der Unternehmenskommunikation der Volksbank Freiburg. Die gebürtige Freiburgerin lebt nach fast 20 Jahren in Hamburg mit ihrer Familie im schönen St. Peter.